Die Akte Pinochet wird geschlossen

Ein chilenisches Gericht stellt das Verfahren gegen den ehemaligen Diktator ein – zunächst vorübergehend

BUENOS AIRES taz ■ Das Strafverfahren gegen den früheren chilenischen Diktator Augusto Pinochet ist vorübergehend eingestellt worden. Faktisch bedeutet dies jedoch, dass die Akte Pinochet in Chile geschlossen werden könnte. Chilenische Medien berichteten am Montag unter Berufung auf Justizkreise, dass die Richter der 6. Appellationskammer in der Hauptstadt Santiago dem Antrag der Anwälte Pinochets auf vorübergehende Einstellung des Verfahrens stattgegeben haben. Die Anwälte hatten die Aussetzung des Verfahrens beantragt, weil der 86-Jährige an Alterssenilität leide. Das Verfahren bleibt so lange ausgesetzt, wie dieser Zustand anhält.

Zwar können die Klägeranwälte der Pinochet-Opfer gegen den Spruch der Appellationskammer vor dem Obersten Gerichtshof Widerspruch einlegen, jedoch ist dies fast aussichtslos, da das Verfahren nur „vorübergehend“ und nicht vollständig eingestellt wurde. Dies bedeutet, dass die Pinochet in der Anklage gemachten Vorwürfe aufrechterhalten werden, sein Zustand es aber nicht gestattet, gegen ihn einen Prozess zu eröffnen.

Trotz aller Bekenntnisse von Präsident Ricardo Lagos, der immer wieder betonte, dass die Gerichte unabhängig seien, deutet einiges darauf hin, dass die Entscheidung der Regierung nicht ungelegen kam. Immer wieder zitierten chilenische Zeitungen anonyme Regierungsbeamte, die sagten, dass ein Ende des Verfahrens endlich wieder Ruhe in Chile einkehren ließe. Mit dieser Entscheidung kann die Regierung ihr Gesicht wahren. De facto aber wird die chilenische Regierung einen lästigen Prozess los. INGO MALCHER