Skandal in der Kaserne

■ Diszipliar-Arrest für Totalverweigerer: „keine Erfolgsaussicht“

Wie berichtet sitzt der 24-Jährige Kai S. seit elf Tagen als Totalverweigerer in der Schwaneweder Kaserne im Arrest. Zehn Tage hat er noch vor sich. Zu disziplinarischen Zwecken, sagt die Bundeswehr. Die taz sprach mit dem Geschäftsführer der Bremer Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerer.

taz: Kann man einen Totalverweigerer eigentlich disziplinieren?

Peter Tobiassen: Nein, das kann man nicht. Der Disziplinar-Arrest ist in solchen Fällen auch nach den Vorschriften der Bundeswehr unzulässig. Der Vorgesetzte, der einen Disziplinar-Arrest verhängt, muss davon ausgehen, dass sich der Soldat anschließend straffrei verhält, also Befehle ausführt. Ein Totalverweigerer hat ja aber ausdrücklich erklärt, dass er diesen Dienst mit der Waffe nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann. Von daher hat diese erzieherische Maßnahme keine Erfolgsaussicht.

Wie kann die Bundeswehr angemessen auf Totalverweigerer reagieren?

Gar nicht, außer mit der Abschaffung der Wehrpflicht.

Ist es besser, erst einmal keinen Verweigerungsantrag zu stellen, in der Hoffnung, man werde gar nicht erst einberufen?

Tatsächlich kann die Bundeswehr nur noch jeden zweiten tauglichen und verfügbaren Wehrpflichtigen einberufen. Zum Zivildienst werden aber alle geholt. Wir empfehlen allen potenziellen Verweigerern, mit ihrem Antrag zu warten, bis der Einberufungsbescheid da ist.

Und was raten Sie jemandem, der jeden Zwangsdienst – sei es Zivil- oder Kriegsdienst – ablehnt?

Jemand, der bereits so eine schwierige Entscheidung getroffen hat, dem kann man nicht mehr viel raten, den kann man nur unterstützen. Jemand, der noch unsicher ist, dem kann man sagen, worauf er sich einstellen muss: Zivildienst oder Gerichtsverfahren und eine mögliche Gefängnisstrafe.

Zurück zum Disziplinar-Arrest: Wie lange kann der ausgedehnt werden?

Der Streit geht immer darum, ob es 63 oder 84 Tage sein sollen. Ein Skandal ist beides. Jeder Fall, in dem jemand einen Tag wegen seines Gewissens eingesperrt wird, ist ein Skandal in diesem Land.

Fragen: Eiken Bruhn