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: Der Trend geht zur Gewohnheit und verharrt dort, solange er kann

Etwas Nichts bleibt immer

Nachdem es vor wenigen Wochen an dieser Stelle um das Nichts ging, soll es dieses Mal um das vermeintliche Gegenteil gehen: um etwas. Man sollte dabei zwar annehmen, das schon ein bisschen Etwas reichen würde, um das Nichts aufzuheben. Doch zumindest was das Berliner Nachtleben betrifft, ist diese Annahme falsch. Nach wie vor ist das Nichts der Trend, der das allgemeine Ausgehangebot bestimmt, beziehungsweise sein bemerkenswertes Nichtvorhandensein.

Obwohl das Nichts also ein Trend ist, der eigentlich gar nicht existiert, macht ihn seine Uneigentlichkeit offenbar besonders stark. Fast sieht es sogar danach aus, als könnte der Nichts-Trend zur Gewohnheit werden. Dass hier und da mitunter etwas passiert, scheint an dem Umstand, dass nichts passiert, nichts zu ändern. Bei genauerem Hinsehen gewinnt man sogar den Eindruck, dass etwas Etwas das Nichts nicht nur nicht auflöst, sondern beides entgegen aller Logik vielmehr zusammengehört. Etwas ist dabei etwas, was passiert, ohne aber an den Gegebenheiten zu rütteln oder gar rütteln zu wollen. Etwas ist etwas Singuläres, etwas ohne Perspektive, etwas, was kaum da ist und dann schon wieder weg. Als Mariah Carey letzte Woche im Penthouse von Rolf Eden zum Cocktailempfang lud, war das auf der Grundlage des Nichts durchaus etwas, aber andererseits auch nicht mehr. Schließlich ist es nicht anzunehmen, dass sie dort nun ständig feiern wird. Als das Groove-Magazin kürzlich im Cookies seinen Umzug nach Berlin beging, war das gewiss eine flotte Party – dass es die Party ein weiteres Mal geben wird, ist eher unwahrscheinlich. Es ist auch nicht zu erwarten, dass der große Frank Farian, Deutschlands wichtigster Produzent, der anlässlich seines 60. Geburtstags nächste Woche ins Palais am Funkturm lädt, seinen Geburtstag hier wiederholt. Und auch, dass der Carneval Erotica noch einmal 2002 über den Kurfürstendamm ziehen wird, erwartet außer den Veranstaltern wahrscheinlich niemand.

Wenn es in dieser Betrachtung aber um etwas gehen soll, muss man dabei unbedingt beachten, dass das so genannte Etwas verschiedene Erscheinungsformen hat. Zum einen gibt es etwas, was kommt und wieder geht, während das Nichts bleibt. Zum anderen gibt es etwas, was nur behauptet, etwas zu sein, in Wirklichkeit aber nichts ist. Wenn man sich zum Beispiel mit Bekannten auf die Straße stellt und trinkt und raucht, dann ist das nicht wirklich mehr als nichts – auch nicht, wenn dieser Zeitvertreib zu einer Routine wird. Sollte sich diese Routine dann zu einem Trend entwickeln, so stellt sich dieser Trend nicht gegen den Trend des Nichts, sondern wird von diesem geschluckt.

Als am vergangenen Wochenende in Mitte vor dem Greenwich ein sommerliches Straßenfest gefeiert wurde, sollte das gewiss etwas sein, tatsächlich war es aber nicht viel. Man stand herum, saß herum und konnte an verschiedenen Ständen zwischen straßenfestüblichen Nahrungsmitteln und Getränken auswählen. Man fühlte sich insgesamt so wie auf einem Straßenfest in Kreuzberg, nur fehlten die Hunde. Immerhin etwas. Auch wenn sonst nichts passierte. Aber daran hatte man sich schon gewöhnt.

HARALD PETERS