Chance zur Integration verpasst

Lehrer und Behindertenverbände kritisieren Schulgesetzentwurf. Zentrale Punkte stehen unter Haushaltsvorbehalt

Der Entwurf des neuen Schulgesetzes ruft Pädagogen und Behindertenverbände auf den Plan. Die Integration von behinderten Kindern werde darin nicht ausreichend berücksichtigt, so die einhellige Meinung bei einer Anhörung, zu der die Grünen am Mittwochabend geladen hatten. Es gibt derzeit an 360 Grund- und 60 Oberschulen Integrationsunterricht. Kinder mit Behinderungen gehen dort in Regelklassen und werden – im Gegensatz zur Sonderschule – parallel von Sonderpädagogen unterstützt.

Immer wieder wird der Integrationsansatz aber in Frage gestellt. Fehlende Plätze in der Sekundarstufe 1 hatten zum Beispiel vor zwei Monaten zu einem Protest gegen das so genannte Losverfahren geführt, mit dem die raren Plätze vergeben werden sollten. Das Verfahren wurde zwar letztendlich nicht angewandt – für das kommende Schuljahr wurden 60 zusätzliche Integrationsplätze eingerichtet. Aber in Sachen Integration ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Daran ändert auch der Entwurf des neuen Schulgesetzes nichts. Laut diesem hat die gemeinsame Erziehung vor dem Unterricht an Sonderschulen zwar Vorrang. Befürworter des gemeinsamen Unterrichts kritisierten jedoch, dass dieser Grundsatz unter Haushaltsvorbehalt gestellt werden soll, also je nach Haushaltslage entschieden wird, ob der gemeinsame Unterricht genehmigt wird. „Im Regelschulbetrieb sind solche Vorbehalte unzulässig. Ein Vorbehalt beim gemeinsamen Unterricht widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz“, so der Landesbehindertenbeauftragte Martin Marquardt. Ulf Preuß-Lausitz vom Arbeitskreis „Gemeinsame Erziehung“ kritisierte, dass den Schulleitern die Entscheidung überlassen werden soll, ob an ihrer Schule Integrationsunterricht stattfinden soll oder nicht. Dies sei unzumutbar. Er verwies darauf, dass es in keinem anderen Bundesland eine solche Regelung gebe.

Lehrer kritisierten zudem, dass die Betreuung der behinderten Kinder durch die meist ambulanten Sonderpädagogen unzureichend sei. „Wir brauchen eine ständige fachliche Beratung vor Ort“, forderte Gerda Dicke von der integrativen Lina-Morgestern Oberschule. „Sonderpädagogen müssen fest ins Kollegium integriert werden, damit man langfristig pädagogisch arbeiten kann.“

Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen, will den Haushaltsvorbehalt aus dem Schulgesetz zu streichen. Auch an den Berufsschulen solle man künftig mehr für Integration tun. Die Sekundarstufe zwei wird im Gesetzentwurf bislang überhaupt nicht berücksichtigt.

KATJA BIGALKE