Automobilbranche boomt wie nie zuvor

Die Deutschen sparen lieber und kaufen weniger Autos. Dafür floriert der Export der Fahrzeughersteller

BERLIN taz ■ In Deutschland wurden im ersten Halbjahr 2001 so viele Autos hergestellt wie nie zuvor. Die Produktion stieg um sechs Prozent auf 2,8 Millionen Fahrzeuge. Aller Voraussicht nach werde im vierten Jahr in Folge die Grenze von fünf Millionen produzierten Neuwagen überschritten. In der gegenwärtigen Konjunkturflaute erweist sich die Autobranche damit als ein „verlässlicher Wirtschaftsfaktor“, sagte gestern Bernd Gottschalk, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA).

Nach Angaben des VDA, der gestern eine Halbjahres-Bilanz der Autoindustrie für 2001 zog, läuft die Produktion vor allem wegen des Exports auf Hochtouren. Etwa 68 Prozent aller in Deutschland hergestellten Autos werden im Ausland verkauft. In Westeuropa stieg der Anteil deutscher Marken von 43 auf mehr als 46 Prozent.

Im Inland durchschreitet die Branche dagegen eine „Wachstumsdelle“, die nicht erwartet wurde. Gingen Schätzungen im letzten Jahr noch von 3,7 Millionen verkauften deutschen Neuwagen aus, so rechnet der VDA jetzt mit einem Absatz von 3,33 Millionen Autos, etwa 50.000 weniger als im letzten Jahr. Bei ihrer optimistischen Prognose, so Gottschalk, hatte die Autoindustrie auf die Entlastungen der Steuerreform gehofft. Stattdessen sind die höheren Einkommen aber vom Anstieg der Energiepreise, der Inflation und teureren Lebensmitteln aufgefressen worden.

So ähnlich sieht man das auch bei Marketing-Systems, einem Marktforschungsinstitut für Autos. Ein Mitarbeiter der nach eigenen Angaben unabhängigen Einrichtung sagte der taz, dass das schlechte Wirtschaftsklima den privaten Verbrauch hemme. Größere Ausgaben würden zur Zeit aufgeschoben. Stattdessen steige die Sparqoute der Deutschen, um zum Beispiel Renten zu sichern. Nach der Einschätzung des Institutes könne die Flut der Neuwagen in Deutschland bald wieder steigen. Zwischen Herbst und Jahresanfang rechnet man mit einer Beschleunigung der Nachfrage. „Die Internationale Autoausstellung im September kann sich dazu als Initialzündung erweisen“, sagte der Marktexperte. Zudem erhoffe man sich mit der Einführung neuer Fahrzeugtypen im Dezember neue Impulse.

Mit einem Jahresumsatz von 360 Milliarden Mark gehört die Autoindustrie zu den wichtigsten Stützen der deutschen Wirtschaft. Jeder siebente Arbeitsplatz hängt mit der Herstellung von Autos zusammen.

MARIUS ZIPPE