Selbstanzeigen blieben spärlich

Gnadenfrist der Staatsanwaltschaft im neuen Frankfurter Korruptionsskandal ist abgelaufen. Die Stadt Frankfurt reagiert hilflos auf die spärlichen Selbstanzeigen. Das Antibestechungsreferat arbeitet seit Jahren mangelhaft

FRANKFURT/MAIN taz ■ Das Ultimatum ist abgelaufen, die Resonanz war kläglich. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte in der neuen Schmiergeldaffäre am Main Strafmilderung für Selbstanzeiger in Aussicht gestellt, die Ermittlungen unterbrochen und eine Frist bis gestern, 24 Uhr, gesetzt. Die Meldungen aber erfolgten nur schleppend. Bis Donnerstagmittag hatten sich nur vier Personen gemeldet.

Bisher laufen schon Ermittlungsverfahren gegen über 100 Mitarbeiter des Hochbauamtes und der städtischen Gesellschaften Frankfurter Aufbau AG (FAAG) und ABG Frankfurt Holding. Sie werden verdächtigt, über Jahrzehnte hinweg Bestechungsgelder und Sachleistungen angenommen, Rechnungen fingiert oder gefälscht zu haben. Das Bestechungsgeflecht, so neueste Erkenntnisse, soll auch weit in andere Behörden hineingereicht haben. Welche weiteren Ämter betroffen sind, darüber schweigt sich die Staatsanwaltschaft allerdings bisher noch aus. Die Zahl der beteiligten Unternehmen ist auf 65 angewachsen. Elf Hauptverdächtige, die meisten aus dem Baugewerbe, haben inzwischen gestanden. Das System funktionierte laut Staatsanwaltschaft auch deshalb so lange unbemerkt, weil die Gaben flächendeckend verteilt wurden: „Viele bekamen wenig.“

Nach Aufdeckung dieses zweiten großen Korruptionsskandals am Main – der erste war 1987 aufgedeckt worden – stellte sich heraus, dass das 1989 eingerichtete Antibestechungsreferat im Laufe von zehn Jahren bis auf einen Restbestand von zwei Mitarbeitern aufgelöst worden war und deren einst regelmäßige Berichte an den zuständigen Rathausausschuss immer öfter ausgefallen waren.

Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner, der schon die Ermittlungen 1987 leitete, lobte die Stadt diesmal zwar einerseits für die gute Zusammenarbeit, machte aber andererseits Defizite aus. So fehle eine Computerkontrolle bei der Auftragsvergabe, die ständig bevorzugte Unternehmen herausfiltern könne. Auch das nach 1989 eingeführte Vier-Augen-Prinzip und die Job-Rotation bei den für die Auftragsvergabe an Handwerksfirmen zuständigen Mitarbeitern hätten nicht ausgereicht. Er forderte langfristig eine Zentralstelle, die Schmiergeld zahlende Unternehmen bundes- und europaweit von öffentlichen Aufträgen ausschließe. Schaupensteiner warnte davor, Korruption als „Kavaliersdelikt“ anzusehen.

Die Stadt Frankfurt und deren Mandatsträger im urlaubsleeren und vom bisher erfolglosen schwarz-grünen Koalitionsgerangel gebeutelten Rathaus Römer reagierten bisher eher hilflos. Bürgermeister Achim Vandreike (SPD) beklagte vor allem den „Imageverlust“ für die Mainmetropole. HEIDE PLATEN