Die Geisterhand in der Michel-Gruft

■ Das Ferien-Pass-Programm bietet Lesungen für Kinder an ungewöhnlichen Orten

4000 Leichen seien unter den Steinplatten in der Gruft unter dem Michel begraben. „Das passt von der Atmosphäre sehr gut“, sagt Kinderbuchautor Andreas Schlüter. Denn bei der Ferienpass-Aktion „Abenteuer entstehen im Kopf“ wird Schlüter dort vor Hamburger Kindern aus seinem Buch „Geisterhand“ vorlesen. Der Autor: „Da gibt es eine Szene, in der die Toten wieder aufstehen. Trotzdem ist es keine Geschichte, die nur auf Horroreffekte setzt.“

„Andreas Schlüter ist ein Autor, der von den Kindern unheimlich gerne gelesen wird“, sagt Organisatorin Heike Klopsch, die gemeinsam mit einer Freundin die Idee zur ungewöhnlichen Lese-Aktion hatte. Es folgen Lesungen mit Hamburger Autoren im Theater für Kinder, in der Speicherstadt und im Museum für Kunst und Gewerbe.

Bevor Schlüter sich daran wagte, Bücher zu schreiben, arbeitete er als Journalist für eine Hamburger Medienagentur und bei verschiedenen Fernsehsendern. Beim Fernsehen wurden seine Texte immer kürzer. „Ich hatte aber das Bedürfnis, einen ganz langen Text, also ein Buch zu schreiben.“ Die Vorstellung, in einer Welt ohne Erwachsene zu leben, war die Idee zu seinem ersten Buch „Level 4 – die Stadt der Kinder“. Es folgten Bücher wie „Geisterhand“ oder „Heiße Spur aus Afrika“. Er schreibe am liebsten für Kinder im Alter zwischen zehn und 14 Jahren, sagt der 43-Jährige. An seine eigenen Teenager-Klassenpartys kann sich der Autor noch gut erinnern: „Es geht nicht um die Erinnerung an den zeitlichen Ablauf, sondern um die emotionale Erinnerung.“

Schlüter hält es nicht für angebracht, über mangelnde Leselust der Jugendlichen zu klagen: „Ich glaube, dass es noch nie eine Generation gegeben hat, die soviel gelesen hat wie diese.“ Er selbst sei zu einer Zeit aufgewachsen, in der man sich nach einem halben Jahr durch die gesamte Kinderliteratur durchgelesen hatte. „Heute kommen 5000 Kinderbücher im Jahr heraus, wenn die Kinder 2000 davon lesen, ist das viel mehr, als in den 60er Jahren gelesen wurde.“ Die anderen Bücher verstauben eben ungelesen in den Buchhandlungen. „Es sind die Verlage und Autoren der 3000 Bücher, die behaupten, Kinder lesen nicht“, lautet Schlüters Theorie.

Von Lehrern, die sich über leseunwillige Kinder beklagen, wünscht sich der Autor mehr Inte-resse und Engagement: „Wenn Lehrer von Kinderbüchern reden, meinen sie Theodor Storms ,Schimmelreiter'.“

Mit Preisen ist der Autor bisher nicht überhäuft worden. „Ich bin voll in der seichten Schublade drin.“ Aber das Lob der Kinder ist ihm wichtiger als das Lob der Kritiker. Mit 50.000 Lesern gehört er zu den glücklicheren Autoren.

Michaela Soyer

Die Lesereihe „Abenteuer entstehen im Kopf – ungewöhnliche Geschichten an ungewöhnlichen Orten“, beginnt am 7. August mit Andreas Schlüter in der Gruft unter dem Michel aus seinem Buch „Geisterhand“ liest. Am 21. August liest Martina Dieks auf der Bühne des „Theater für Kinder“ aus „Hexengewitter“. Im Gewürzmuseum in der Speicherstadt stellt Sabine Ludwig am 24. August ihr Buch „Die große Suppenverschwörung“ vor. Das Buch „Herr der Diebe“, aus dem Cornelia Funke im „Museum für Kunst und Gewerbe“ liest, beschließt am 28. August den Lesemarathon.

Anmeldung beim JIZ, Steinstraße 7 Tel.: 428 54 31 31. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt.