Fremdwörterkunde
: Sex'n politics

■ Gender Mainstreaming: Geschlechter-politik für alle. Auch für Jungs

Nicht mehr „Frauen haben ein Problem“ solle es heißen, sondern „Auch Männer haben ein Geschlecht“. Diese schöne Idee verbreitete Barbara Stiegler auf Einladung der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF) gestern in der Arbeitnehmerkammer vor interessierten MitarbeiterInnen der Landesverwaltung. Vor rund fünfzig Frauen und ganzen fünf Männer.

„Gender Mainstreaming“ ist die Bezeichnung für die Ideen, die von der Mitarbeiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung vorgestellt wurden. Dabei ist Gender Mainstreaming keine neue Aufgabe der Frauenbewegung, sondern ein Prinzip, mit dem sich Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsaufgabe in Organisationen wie der Bremer Verwaltung durchsetzen lassen soll. So hat es die Europäische Union (EU) 1999 als Richtlinie bestimmt, die wiederum von den Mitgliedstaaten umzusetzen ist.

In Bremen ist die frohe Botschaft auch angekommen, sogar bei der großen Koalition: Die hat den Senat aufgefordert, bis Ende des Jahres einen Bericht abzuliefern, wie Gender Mainstreaming in Bremen umgesetzt wurde. Vor allem wird da drin stehen, dass es erst einmal Nachhilfe gab. Zunächst für Senatoren, Staatsräte, Abteilungsleiter und deren Kolleginnen im Amt und seit gestern auch für die unteren Hierarchieränge.

Die lernten, dass „Gender“ gar nicht so schwierig zu verstehen ist, sondern bloß das englische Wort für Geschlecht und im Gegensatz zum englischen „sex“ nicht die biologische Definition von Geschlechtsmerkmalen meint, sondern kulturell und gesellschaftlich unterschiedliche Vorstellungen und Ausprägungen des Geschlechterverhältnis. Die sind bekanntlich nicht überall gleich, und das zeige, so Stiegler, dass Gender nicht hingenommen, sondern gestaltet werden kann. Auch von Männern. Darauf verweist „Main-streaming“. Stiegler: „Frauenpolitik hat ja meistens keinen Platz im mainstream, sondern ist ein kleines Nebenflüsschen. Der Hauptstrom ist immer anderswo.“

Im Unterschied zur landläufigen Praxis soll Geschlechterpolitik nicht mehr am Ende eines Entscheidungsprozesses als schmückendes Schleifchen angebunden werden, sondern – um im Bild zu bleiben – in den ganzen Zopf miteingeflochten werden. Und zwar in jeden, der in den Ressort geflochten wird, sei es Wirtschaft, Finanzen, Inneres oder Sport.

Ein Beispiel? Zum Beispiel Jugendpolitik. Keine Sportgärten fördern, die hauptsächlich von Jungs genutzt werden, ein Schleifchen dranbinden, wo draufsteht, „Wir bieten auch extra Mädchenkurse“ an und sich wundern, warum kein Mädchen kommt. Nein, Gender Mainstreaming-SpezialistInnen fragen vor dem Bau danach, wie Jungs und Mädchen zu ihren Rechten kommen. Was Gender Mainstreaming im Häfenressort bewirken kann? Wirtschafts- und Häfensenator Josef Hattig anrufen, der müsste es wissen.

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