Hörer ohne Netz

■ Radio Bremen stellt das Internet-Forum „Gästebuch“ ein / Gab's da zu viel Kritik?

„Wegen der Vielfalt der Anfragen, Meinungen und Kritiken, die uns erreichen, ist Radio Bremen zu der Auffassung gelangt, dass das Gästebuch in seiner bisherigen Form den Ansprüchen, die dort an Radio Bremen gerichtet wurden, nicht mehr genügte.“

So steht es seit kurzem unter der Gästebuch-Adresse von Radio Bremen im world wide web, wo bislang hitzige Diskussionen über die Programmreformen geführt wurden und wo viel Lob und auch viel Tadel an Sendungen und Moderatoren laut wurde. Das also gibt es jetzt nicht mehr, stattdessen habe man sich „für eine kontinuierliche redaktionelle Betreuung aller Hörer- und Zuschaueranfragen“ entschieden.

Sprecher Michael Glöckner erklärt auf Anfrage, warum: Beschimpfungen von Mitarbeitern hätten auf der Seite gestanden, zum Beispiel dass sich dieser oder jener Redakteur doch „wieder hinlegen solle“, und sowieso „hört bei der Fäkalsprache der Sinn eines solchen Forums auf“, sagt Glöckner zu der Entscheidung.

Nun gut, es ist nicht alles Gold, was im freiheitlichen world wide web steht (siehe auch das LeserInnenforum unter www.taz.de), doch so ist es nun mal, wenn man sich auf dieses Medium einlässt. Bei Radio Bremen hat man es sich indes gepflegter vorgestellt.

Dass die Einstellung des www-Gästebuchs ganz andere Ursachen hat, vermuten Schreiber im taz-Forum und MitstreiterInnen bei „hörsturz“ – einer Initiative, die sich gegen die Auflösung des Kulturprogramms Bremen 2 und anderer anstehender Reformen zusammengefunden hat. Der Sender versuche offensichtlich, mit allen Mittel Kritik zu vermeiden, wird da gemutmaßt. Schon vorher seien Einträge im „Gästebuch“ gekürzt oder ganz entfernt worden. Als die Kritk daran laut wurde, habe man kurzerhand das ganze Angebot gestrichen.

Der neue Briefkasten, den Radio Bremen für Hörerzuschriften eingerichtet hat, sei ein denkbar schlechter Ersatz für das Gästebuch. „Denn in den neu eingerichteten (e-mail) Briefkasten wird niemand schreiben, der auch in der Vergangenheit immer ausweichende, verwaschene oder unvollständige Antworten aus dem Sender erhielt, aber im Gästebuch seine Meinung immerhin offen sagen und diskutieren konnte“, sagt eine „hörsturz“-Sprecherin. hey