Niemand kann dem Texaner folgen

Lance Armstrong zeigt auf der 10. Etappe der Tour de France altbekannte Stärke und gewinnt in L’Alpe d’Huez

BERLIN taz ■ „Das Rennen beginnt am Dienstag“, hatte Lance Armstrong stets gesagt, wenn ihm zu große Passivität in der ersten Woche der Tour de France vorgeworfen wurde. Gestern war es dann endlich so weit. Wie im letzten Jahr startete der 29-jährige Texaner seinen Angriff auf der 10. Etappe, damals in den Pyrenäen, diesmal in den Alpen. Schon kurz nach Beginn des legendären Anstiegs nach L’Alpe d’Huez trat Armstrong an und fuhr der Konkurrenz inklusive Jan Ullrich überaus hurtig davon. Im Ziel hatte er zwei Minuten Vorsprung vor Ullrich und dem Spanier Beloki, die als nächste kamen. Für das Gelbe Trikot reichte es noch nicht, das holte sich François Simon aus Frankreich, der immer noch mehr als 20 Minuten vor dem Amerikaner liegt.

Die Vorbereitung auf diesen Tag hatte für Armstrong schon vor Monaten begonnen. Etliche Male hatte der Tour-Sieger der letzten beiden Jahre im Training die Etappe von Aix-les-Bains hinauf nach L’Alpe d’Huez abgefahren, sich die Streckenführung über Madeleine (2.000 m) und Glandon (1924) eingeprägt und war beim finalen Anstieg in den 1.850 m hoch gelegenen Zielort bis an seine physischen Grenzen gegangen. Wohl kein anderer Radprofi im Peloton wusste auf dieser ersten Alpenetappe so genau, was er sich zumuten kann. „Andere Fahrer arbeiten nicht so viel“, sagt Armstrongs Coach Chris Carmichael, „aber so wird die Tour de France gewonnen.“

Auch in diesem Jahr scheint der bewährte Zeitplan des Lance Armstrong wieder zu funktionieren. In der ersten Woche mitfahren, in der zweiten angreifen, in der dritten das Gelbe Trikot verteidigen. „Es ist erstaunlich, dass wir bei diesem Schema bleiben konnten“, sagte der Texaner schon vor der gestrigen Etappe, „aber es klappt.“ Bleibt die Frage, ob die Kraft auch noch für eine ähnlich dominante Vorstellung im heutigen Bergzeitfahren von Grenoble reicht. MATTI LIESKE