Clever, erfolgsorientiert, arrogant

Der niederländische Umweltminister Jan Pronk leitet die Klimakonferenz in Bonn: „Einer, der sich durchbeißt“

BERLIN taz ■ Bescheidenheit war nie seine Sache. Als der niederländische Umweltminister Jan Pronk 1998 zum Auftakt der zweiten Amtszeit der Regierung Kok vom Entwicklungs- ins Umweltministerium wechselte, ließ er sämtliche Mitarbeiter seines neuen Ressorts antreten. „Liebe Kollegen“, begann der heute 61-jährige Sozialdemokrat seine Ansprache, „ich bin neu hier, aber das wäre nicht das erste Mal in meinem Leben. Geben Sie mir zwei Monate Zeit, und ich weiß mindestens so viel von diesem Job wie Sie alle zusammen.“

Gegen Ende seiner langen politischen Karriere in der niederländischen Politik und bei der UNO, wo er in den Achtzigern mehrere Jahre als stellvertretender Generalsekretär bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung tätig war, erwartet den Wirtschaftswissenschaftler Pronk eine letzte große Herausforderung: Als Präsident der Bonner Klimaschutz-Konferenz soll er zwischen den Europäern und den USA sowie Japan einen Kompromiss im Kampf gegen den Treibhauseffekt aushandeln. Nach dem Scheitern der Klimakonferenz in Den Haag im November, bei der er schon den Vorsitz führte, wird Pronk in den kommenden Tagen zumindest den Versuch unternehmen, die zur Unterzeichnung des Protokolls von Kioto noch unentschiedenen Staaten zu einer Zusage zu überreden.

Die Delegationen der Bonner Konferenz werden ihre Freude haben an dem unkonventionellen Politiker aus Holland. Jan Pronk ist kein gewöhnlicher Dossierfresser auf einem Ministersessel. Mit Pronk besetzt ein Ideologe das Umweltministerium in Den Haag. Wenn der sich in ein Sujet festgebissen hat, will er Resultate erzielen. Das zeigte sich bereits bei der Klimakonferenz in Den Haag, wo er die Teilnehmerstaaten zur Eile antrieb und während der Pressekonferenzen wiederholt mit der Faust auf den Tisch schlug.

Jan Pronk, der bereits zweimal zuvor (1989 und 1994) als Umweltchef gehandelt wurde, dann aber „nur“ Entwicklungshilfeminister wurde, ist der Liebling der holländischen Linken. Obwohl er bei der letzten Parlamentswahl 1998 nur auf Platz sieben der Kandidatenliste für die sozialdemokratische PvdA stand, erhielt er 40.000 Direktstimmen – gut für zwei Sitze in der Haager Volksvertretung. „Die Leute fahren voll ab auf die große Vision, die Pronk anbietet“, hieß es zuletzt in einem niederländischen Wochenmagazin. „Pronk ist einer, der sich durchbeißt, der sich weit aus dem Fenster lehnt für eine Sache, die ihm am Herzen liegt.“ Dass der überdurchschnittlich intelligente Politiker, dem der Ruf vorauseilt, ein Lebemann und oftmals arrogant zu Kollegen und Mitarbeitern zu sein, wenn ihm etwas nicht passt, sich damit nicht nur Freunde macht, kann kaum überraschen.

Der überbordende Ehrgeiz und Arbeitseinsatz, mit dem Jan Pronk seine Projekte angeht, haben ihm auch Niederlagen eingebracht. Im Oktober letzten Jahres etwa ernannte UN-Generalsekretär Kofi Annan den früheren niederländischen Ministerpräsidenten Ruud Lubbers zum UN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen. Dabei hatte Den Haag nicht den Christdemokraten, sondern Pronk als Kandidaten aufgestellt. Jan Pronk, der quasi schon auf gepackten Koffern saß, spielte, wie so oft in seiner Laufbahn, am Ende die zweite Geige – eine Rolle, die ihm nur zu vertraut ist. HENK RAIJER