Trittin verlangt Schutz vor Atomklau

Nach dem Diebstahl von radioaktiv verseuchten Gegenständen gerät Baden-Württembergs Regierung unter Druck

FRANKFURT taz ■ Nach dem Diebstahl eines Reagenzglases mit einer radioaktiv verseuchten Flüssigkeit und zwei kontaminierten Putzlappen aus der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin der Landesregierung von Baden-Württemberg ein Ultimatum gesetzt.

Bis Freitagnachmittag soll die CDU/FDP-Regierung ein „Handlungskonzept zur umfassenden Untersuchung und Beseitigung der Mängel im Sicherheitsmanagement“ der WAK vorlegen. Weiter kündigte der Bundesumweltminister an, mit der Atomaufsicht des Landes ein „bundesaufsichtliches Informationsgespräch“ führen zu wollen.

Wie die Sprecherin von Landesumweltminister Ulrich Müller (CDU) gestern erklärte, würde es noch immer keine schlüssige Erklärung für die Verseuchung der Lebensgefährtin des inzwischen inhaftierten Mannes mit dem radioaktiven Isotop Cäsium 137 geben. Es müsse also weiter davon ausgegangen werden, dass der in Portugal geborene „Atomdieb“, der für die Firma seines Bruders arbeitete, noch wenigstens eine Cäsium-Strahlenquelle stahl. Doch hierzu verweigere der Mann jede Aussage.

Umweltminister Müller gerät mehr und mehr unter Druck. Die Grünen werfen ihm vor, er habe einen anonymen Brief vom Mai ignoriert, in dem auf gravierende Mängel im Sicherheitssystem der WAK hingewiesen worden sei. Die SPD behält sich die Forderung nach personellen Konsequenzen auch an der Spitze des Ministeriums vor. Das sagte ein Fraktionsmitglied am Dienstag. Müller hatte da die Verantwortung für den Skandal gerade den WAK-Betreibern zugeschoben.

Müllers Sprecherin wies die Vorwürfe gestern umgehend zurück. Man sei sehr wohl tätig geworden. So sei etwa das Schulungssystem der WAK überprüft und tatsächlich „Lücken entdeckt“ worden. Mit Schreiben vom 7. Juni an die WAK habe das Ministerium deren umgehende „Schließung“ verlangt.

Genau das hatte der Schreiber des anonymen Briefes, der gestern als Kopie der taz zuging, unter anderem auch gefordert. Ob der Brief, wie zunächst vermutet, von dem „Atomdieb“ aus Landau geschrieben wurde, ist noch unklar.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT