Taxi zum Klo

Von der Petersburger in die Gaudystraße: An einem von vielen Tagen als Taxifahrer unterwegs in der Hauptstadt

Die Hausnummerierung in Berlin war wirklich eine Katastrophe, mal liefen die Nummern auf einer Seite der Straße hoch und auf der anderen runter, mal waren die geraden Zahlen rechts und die ungeraden links, mal umgekehrt. Um es noch schlimmer zu machen, waren auch alle möglichen Parks angelegt worden, wie in der Schwedter Straße, die die jeweilige Nummerierung unterbrachen.

Dann hatten sie noch die Hälfte der Zahlen mit a, b, c, d, Römisch I, II, versehen, hoch, runter, ungerade, gerade, eine Fülle absurder Systeme ohne jede Logik. Ost, West, verschiedenste Neunummerierungen, so kam hinter der Schönhauser Allee 24 A die 24.II.A, nach der 143 II folgte die 144 a, 144, 143, auf der anderen Seite war es nicht weniger verwirrend: 127, 127a, 127aII. In der Torstraße kam erst die 7a, dann die 7b, die 7bI, die 7bII, die 7bIII, schließlich die 7c. In der Marzahner Allendestraße war die römische Nummerierung sogar nach Datum der Fertigstellung verteilt worden.

Aber es gab noch andere negative Seiten, Betrunkene, die nicht sagen konnten, wo sie hin wollten, dann einschliefen, Straße um Straße fuhr ich, während hinten der Betrunkene schnarchte. Hatte er Geld? Würde er in den Wagen kotzen? Wie der Betrüger, der mir einen „echten Dumont Kugelschreiber“ als Pfand daließ, während er Geld holen ging. Er kam nie wieder, und der Kugelschreiber war höchstens 5 Mark wert.

Als ich die Frau am Straßenrand stehen sah, hätte ich misstrauisch werden sollen. Sie winkte mich heran, aber nicht für sich selbst, sondern für einen alten Mann. Der setzte sich auf die Rückbank, ich fuhr ihn von der Petersburger Straße zur Gaudystraße. Er bezahlte, und ich sah ihm noch nach, wie er in einem Hauseingang verschwand.

Ein sonderbarer Geruch war im Wagen geblieben, ich sah nach hinten: Der Mann hatte mir auf die Rückbank geschissen. Ich wollte ihm noch hinterherstürzen, aber ich wusste weder seinen Namen noch wie ich meine Forderung nach Reinigung überhaupt durchsetzen sollte. Und ich befand mich doch erst am Anfang der Schicht. Ich wischte die dünnflüssige Scheiße mit dem Papier auf, das sich zum Scheibenabwischen im Kofferraum befand. Ich sprühte auch von dem Mittel dahin. Auch nachdem ich einige Duftbäumchen aufgehängt hatte, blieb der Geruch im Auto. An keinem meiner vielen Tage als Taxifahrer war mir so klar wie an diesem: Taxifahren ist ein Scheißjob.

FALKO HENNIG