parteisoldaten sind mörder
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von WIGLAF DROSTE

Bundeswehrsoldaten für den Frieden sind wie Nazis gegen rechts. Das ist der Grund, warum olivgrüne Gelöbnisse im Berliner Bendler-Block so beliebt sind bei Sozialdemokraten: Argumentfrei und mit viel Pathos werden hier potenzielle Mörder von demnächst zu Widerstandskämpfern von gestern umgefrickelt. Wenn sie leider nicht mehr, was am günstigsten käme, Soldaten gegen Hitler sein können, weil Hitler, das Aas, schon hinüber ist, so sollen sie doch Soldaten gegen die Hitlers von heute sein. Solche Schurken kann man sich leicht basteln. Wobei gegen die ahistorische Propagandaschnauzerei von ScharpingSchröderFischer noch einmal angemerkt werden muss, dass die posthum alibibillig gefeierten Männer des 20. Juli mehrheitlich wenig bis nichts gegen Hitler einzuwenden hatten, solange dessen Vernichtungspolitik erfolgreich war. Ein bisschen prollig fanden sie ihn zwar, und sein Programm gegen die Juden ging ihnen auch zu weit – statt Auschwitz schlugen die Widerstandskämpfer zur „Lösung der Judenfrage“, wie auch sie das nannten, Madagaskar als Ziel jüdischer Deportation vor.

Im Frühjahr 1999 wurde Rudolf Scharping zum Augenrollmops. Für sein Gebell, für seine Schrebbelei Richtung Jugoslawien starben andere. Der Albaner, zuvor als chronisch ungewaschen geltend, war plötzlich ethnisch gesäubert – und wurde allerdings, flugs nach dem Ende des Kriegs gegen Jugoslawien, wieder in die Rolle des ungewaschenen Geldwäschers rückgeführt. Wenn gilt, dass man vor jedem einzelnen Soldaten genau den Respekt haben soll, den er verdient, gilt das in erhöhtem Maße für Rudolf Scharping, der im humanistisch eingefärbten Blutbad erst ganz zu sich fand. Fügte man diesem Radfahrer zu, was er anderen zufügen ließ, müsste man anschließend, um nicht auf der Flucht erschossen oder für immer in den Knast getan zu werden, sehr schnell fortlaufen und sich verstecken. Dazu aber bin ich zu alt, zu störrisch und viel zu gern auf freiem Fuß. Auch die Qualität der Lebensmittel und Getränke, die im Gefängnis gereicht werden, lassen es nicht ratsam erscheinen, sich außerhalb einer Monopoly-Partie dorthin zu begeben.

So muss ich bekennen: Meinem Widerstand gegen den Kriegspropagandisten Rudolf Scharping fehlt die Konsequenz. Einmal, auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2000, sah ich Scharping aus der Nähe. Das Spardosen-Terzett und ich spielten ein paar unserer Lieder am Stand des Kunstmann Verlags. Beim letzten Song gab es plötzlich Getümmel, schwere Jungs mit Knopf im Ohr wühlten sich und ihrem Chef den Weg frei, Rudolf Scharping stellte sich neben unsere Verlegerin und wippte mit dem Fuß. Dann war das Stück aus, ich tat etwas für meine Selbstachtung und sagte: „Wenn Sie Lust auf Bombenstimmung haben – der Mann mit den Bomben ist jetzt da: Rudolf Scharping!“ Ich weiß, das war nicht ausreichend, und nur ein Gedanke tröstet mich: Wenn Rudolf Scharping und seine uniformierten Mordbuben als Widerstandskämpfer vom Schlage Stauffenbergs herumlaufen, dann ist es besser, kein Widerstandskämpfer zu sein.