Spontan, unspontan, ratlos

■ Ideen- und Interessemangel am Hafenrand: Noch fehlen echte Gegenentwürfe zu den Stadtentwicklungskonzepten

Augenscheinlich war es ein hübsches, kleines Straßenfest; vor und in den Räumen des jüngst in die Hafenstraße umgezogenen Buttclubs gab es Getränke und Gegrilltes, eine Dauervorführung des Films Revolution Non-Stop, ein Zelt mit Kulturprogramm und Diskussion. AnwohnerInnen und StadtteilaktivistInnen hatten am Samstagnachmittag eingeladen, gemeinsam die Frage „Wem gehört die Stadt?“ zu diskutieren und nach Antworten zu suchen.

Doch die blieben weitgehend aus, was – positiv gewendet – auf Diskussionsbedarf und die Notwendigkeit weiterer Veranstaltungen dieser Art hindeutet, erst einmal aber den Nachgeschmack allgemeiner Ratlosigkeit hinterlässt, sowie das Bewusstsein, den in Gang gesetzten Umstrukturierungsmaßnahmen (nicht nur) am Hafenrand wenig entgegen zu setzen zu haben.

Dabei ist das Problem nicht nur, dass angemessene Theorie- und Praxismodelle städtischen Handelns fehlen, sondern auch, ganz banal, das Interesse. Das machte sich schon bei der Buchvorstellung des von Jochen Becker herausgegebenen Bandes Bignes? bemerkbar; auch die beliebte FSK-Sendung Lignas Musikbox konnte diesmal nicht mit der gewohnten Begeisterung der HörerInnen rechnen. Die Diskussion, von FSK übertragen und vom Buttclub moderiert, mit Jochen Becker, einem Künstler der Gruppe duralux, einem Unternehmensberater und einem Vertreter der Roten Flora, blieb dann leider auch eher ein Schlagabtausch von Begriffen, denen die theoretische Schärfe bislang noch fehlt. Rhetorische Finten wie „das Wort Subkultur ist beim FSK ja schon fast verboten“ geraten leicht zur Farce, wenn die hier versammelten Gruppen und Personen sich weiterhin selbstverständlich subkultureller Repräsentationsformen bedienen – gerade beim FSK.

Viele der AnwohnerInnen der Gegend um die Hafenstraßenhäuser blieben der Veranstaltung fern; und ein nicht geringer Teil derjenigen, die kamen, wollten sich wohl lieber auf die alten, gewohnten politischen Strategien verlassen – eine spontane Demonstration zu den Ereignissen in Genua führte schließlich relativ unspontan vom Hafen zur Roten Flora. Das verrät etwas über die Defizite in der übergeordneten und nicht nur den Hafenrand betreffenden Debatte um den „öffentlichen Raum“. Unklar bleibt etwa, was sich auch schon bei der Diskussion in der HWP vor zwei Wochen abzeichnete, was überhaupt der „öffentliche Raum“ ist, der hier mit Diskurs besetzt werden soll. Dabei hat die Veranstaltung schon deutlich gemacht, dass eigentlich nur der dialektische Schritt fehlt, aus der momentanen Ratlosigkeit eine Waffe zu formulieren: indem zum Beispiel umgekehrt der Diskurs mit der Stadt besetzt werden müsste, mit der Polis, der Politik. Roger Behrens