Das Geschäft mit dem Knast

Justizsenator Wieland kann sich die Teilprivatisierung von Gefängnisaufgaben vorstellen. Die Behörde hat dazu in der letzten Woche bereits ein Interessenbekundungsverfahren gestartet

von DIRK HEMPEL

Private Sicherheitsdienste übernehmen die Verwaltung der Berliner Gefängnisse – das könnte bald Realität sein. Auch für den grünen Justizsenator Wolfgang Wieland ist eine solche Maßnahme denkbar. Die Auftragsvergabe an private Unternehmen ist „generell für uns ein Thema“, bestätigte gestern eine Sprecherin der Justizverwaltung. Seit Ende letzter Woche hat die Behörde ein so genanntes Interessenbekundungsverfahren gestartet. Dabei will die Verwaltung ermitteln, welche Firmen Aufgaben im Gefängnisbereich übernehmen würden. Natürlich geht es auch um die Kostenfrage: Das Verfahren soll zeigen, wie viel Geld durch eine solche Fremdvergabe eingespart werden könnte.

Der sensible Bereich der Häftlingsüberwachung soll nach Willen des grünen Senators allerdings in der Hand des Landes bleiben. Wieland kann sich aber durchaus vorstellen, beispielsweise die Organisation und Überwachung von Küche, Bücherei oder Wäscherei der Vollzugsanstalten in private Hand zu geben. Wichtig seien allerdings zwei Punkte: Die Sicherheit der Gefängnisse dürfe ebensowenig darunter leiden wie die Resozialisierung der Inhaftierten.

Bisher werden diverse Dienstleistungen innerhalb der Knastmauern durch die Häftlinge selbst abgedeckt. Dies ist nicht nur günstiger als beispielsweise die Essenausgabe durch Justizangestellte, sondern soll auch zur Resozialisierung der Gefängnisinsassen beitragen. Dieser Effekt soll bei einer Teilprivatisierung unbedingt erhalten bleiben. Auch aus Kostengründen, wie Justizsprecherin Anja Teschner erklärt: „Wenn wir auf die Resozialisierung verzichten und die Leute dann häufiger rückfällig werden, entstehen uns auch wieder Kosten.“

Die gesetzlichen Grundlagen für eine Abgabe von Verwaltungsaufgaben an Privatunternehmen sind bereits gegeben. Nach Ansicht von Andreas Paulick, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS), erwägen derzeit viele Bundesländer diesen Schritt. Auf staatlicher Seite gebe es ein Kostendilemma. „Es ist klar geworden, dass das derzeitige System nicht aufrecht erhalten werden kann“, so Paulick.

Private Wachunternehmen sind vor allem günstiger, weil sie geringere Löhne zahlen, während staatliche Gefängnisangestellte nach dem Bundes-Angestellten-Tarif bezahlt werden müssen. Bis zu 30 Prozent Lohnkosten könnte so nach Schätzung des BDWS eingespart werden. „Wobei billiger nicht gleichbedeutend mit schlechterer Qualifizierung ist“, so Paulick. Die Sicherheit sei bei Einbezug von Privatfirmen nicht gefährdet: Die Unternehmen könnten sich keine Fehler leisten, diese würden den sicheren Bankrott bedeuten.

In Nordrhein-Westfalen gibt es mit dem Abschiebegefängnis Büren bereits eine Anstalt, in der neben staatlichen Bediensteten auch private Sicherheitsleute arbeiten. Auch Hessen plant einen Knast, der privat geplant, privat gebaut und überwiegend privat betrieben werden soll.