Streit über Genua

Die Ausschreitungen und der harte Polizeieinsatz während des G-8-Gipfels in Genua führen zu einer heftigen Debatte im italienischen Parlament

aus Rom MICHAEL BRAUN

Scharfe Auseinandersetzungen zwischen den Regierungsparteien und der Mitte-links-Opposition beherrschten am Montagabend in Rom die Parlamentsdebatte über die Ereignisse von Genua.

Innenminister Claudio Scajola verteidigte in einer Erklärung sämtliche Vorfälle des Polizeieinsatzes und warf dem Genoa Social Forum (GSF), der Dachorganisation von etwa 800 globalisierungskritischen Bündnissen, vor, es habe „5.000 zu allem bereite Mitglieder des Schwarzen Blocks gedeckt“. Deshalb sei der nächtliche Sturm auf den Sitz des GSF gerechtfertigt gewesen. Es habe sich nicht um eine „Vergeltungsaktion gehandelt, sondern um eine Aktion, die darauf gerichtet war, weitere Ausschreitungen zu verhindern“. Eventuelles „Fehlverhalten“ einzelner Beamter werde Gegenstand einer hausinternen Untersuchung des Innenministeriums sein.

Die Opposition antwortete mit der Forderung nach dem Rücktritt des Innenministers und nach Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. So entschieden diese Forderungen klingen, so sehr verstecken sich hinter ihnen subtile politische Gleichgewichtsübungen.

So beklagte Oppositionsführer Francesco Rutelli zwar die „brutalen Gewaltakte, denen in Genua zahlreiche unschuldige Personen ausgesetzt waren“. Zugleich erklärte er aber, die Mitte-links-Parteien stünden „immer an der Seite von Polizei und Carabinieri“. Nicht die Sicherheitskräfte werden also für die Knüppeleinsätze verantwortlich gemacht, sondern allein die politische Führung.

Hinter diesen Unterscheidungen steckt die Furcht der Linksdemokraten, zu nahe an das GSF zu rücken. Die Partei, die zwischen zustimmender und ablehnender Haltung zum G-8-Gipfel schwankt, zeigt sich tief gespalten. Auch für ihre Mitglieder ist die „Schaukelpolitik“ kaum noch nachzuvollziehen. Jetzt vertritt die Partei zwei unterschiedliche Positionen. Parteipräsident Massimo D'Alema verficht die These, es sei ein Irrtum, „uns ans GSF zu hängen“; er war deshalb gegen die Forderung nach dem Rücktritt des Innenministers. Pietro Folena, Koordinator der bis zum Parteitag im November amtierenden Interimsparteiführung, meint dagegen, die Linksdemokraten müssten sich endlich „bemühen, die Protestbewegung zu begreifen“: „Wenn wir jetzt keine harte Haltung einnehmen, riskieren wir, den Kontakt zu einer ganzen Generation zu verlieren“.