Großfiguren und Bakterienkrimis

■ Nur wenige Produktionen: Desolate Situation von Kindertheatern verschärft sich

Auch die Hamburger Kindertheater versacken im Sommerloch. Klar, schließlich sinkt die Nachfrage in den so genannten warmen Monaten beträchtlich. Soweit ersichtlich tummelt sich von den Lokalmatadoren nur die Gruppe Breckekekex, und zwar mit einem Stück zur Hygieneaufklärung für Kinder, einem Bakterienkrimi. Don Keimo & Salmonella auf der Flucht läuft noch bis zum 30. Juli in den HEW-Kundenzentren als Teil des HEW-Ferienspaßes.

Derart freimütig Pädagogisches hat die Gruppe sonst nicht zu bieten. Zuletzt fand ihr König Drosselbart bei der Premiere Ende Mai großen Beifall. Die kommende, von der Kulturbehörde geförderte Inszenierung von E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann kommt wohl erst im Mai kommenden Jahres – eventuell auf Kampnagel. Frank Puchalla von Brekkekekex: „Die ersten Konzep-tionsgespräche laufen, und es gibt ein sehr großes Interesse seitens der neuen Kampnagel-Leitung, den Sandmann dort aufzuführen. Überhaupt soll dort Jugendtheater wieder seinen Platz finden. Für die Spielzeit 2002/2003 sind Koproduktionen, auch mit Hamburger Gruppen, angedacht.“

Dieser Spielort, auf den die Hamburger Gruppen in den letzten Jahren verzichten mussten, scheint wichtiger denn je. Allgemein beklagen die Gruppen fehlende Auftrittsmöglichkeiten in Hamburg. Petra Jaeschke vom Ein-Frau-Betrieb Theater Pina Luftikus konnte gerade mal fünf Prozent ihrer Auftritte mit Frau Meier, die Amsel in Hamburg unterbringen. Brekkekekex sieht einen Mangel an Geldern im Allgemeinen – und im Speziellen die fehlende „Möglichkeit von Ringauftritten in verschiedenen Stadtteilzentren innerhalb kurzer Zeit“.

Auch das Theater Mär sieht sich in einer ähnlichen Mangelsituation. Zwar wurde dessen Die Königin der Farben als „eine der zehn künstlerisch bemerkenswertesten Inszenierungen der letzten zwei Jahre“ beim deutschen Kinder- und Jugendtheater-Treffen im April in Berlin gefeiert. Und es hagelt Einladungen von Goethe-Instituten aller Kontinente. Aber ohne Spielverpflichtung im Altonaer Theater wäre die Gruppe von Peter Markhoff quasi unsichtbar gewesen. Schulen fielen auch hier ganz aus. „Durch die schlechte Finanzlage der Kultur- und Bildungseinrichtungen ist es für uns alle immer schwieriger, in Hamburg zu spielen“, meint Peter Markhoff. Ebenso ergeht es dem mehrfach preisgekrönten Theater Triebwerk, das im Frühjahr mit zwei Stücken indische Goethe-Institute besuchte.

Ist zu hoffen, dass die jüngst konstituierte „Landesarbeitsgemeinschaft Kinderkultur, Jugendkultur und Kulturpädagogik“ das Kulturangebot für Hamburgs Kinder wie geplant verbessern kann. Immerhin hat der Senat vor einem halben Jahr „ein reichhaltiges Angebot für Kinder und Jugendliche ausgemacht“. Die im Auftrag des Senats gebildete AG soll vor allem „die Koordination und Kooperation zwischen den zuständigen Behörden und Trägern von Kulturangeboten effektivieren“.

Wer nicht auf den Erfolg der Maßnahmen warten möchte, kann am 12.8. zum „Tag der Puppen“ in die Wallanlagen wandern. Das Tandera-Figurentheater will mit Kindern und Erwachsenen Puppen unterschiedlichster Art anfertigen sowie mit Großfiguren den Park unsicher machen. Die Vorbereitungen zum nächsten Stück laufen auch auf Hochtouren. Und im Fundus Theater feiert das Tischtheaterstück Kleine Schwester Kaninchen für Kinder ab 4 Jahren am 8.9. Premiere. Oliver Törner