Richtiger Körper – falsches Bundesland

Maria Sabine Augstein und ihre Partnerin legen gegen Bayerns Homo-Ehe-Verordnung Verfassungsbeschwerde ein

Mit ihren Nachbarn, mit Verkäufern auf dem Wochenmarkt oder Handwerkern – wie jetzt gerade bei der Renovierung der Anwaltspraxis – haben sie keine Probleme. Zwei Frauen, zwei einander liebende Frauen. Aber mit der Standesbeamtin in ihrer Heimatgemeinde Tutzing, da gab es schwere atmosphärische Störungen. Als Maria Sabine Augstein und ihre Lebensgefährtin und künftige Frau Inea Gukema neulich dort anfragen gingen, wann sie denn ihre Partnerschaft eintragen lassen könnten, wurden sie unwirsch abgefertigt. Dafür sei man nicht zuständig, sagte die Beamtin, das werde ganz woanders geregelt.

In Bayern, geht es nach der Nomenklatura dieses Bundeslandes, sollen für die Besiegelung des Aktes Notariate beauftragt werden. Und genau dagegen werden Augstein und Gukema klagen. Vorgestern haben sie bereits in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen den Freistaat eingelegt, weil er es vorsätzlich versäumt hat, zum 1. August die Voraussetzung zur Schließung von eingetragenen Partnerschaften zu schaffen. Bisher allerdings erfolglos: Das Gericht teilte mit, dass es so zügig nicht zu entscheiden gedenkt.

Augstein, 1949 in Hannover geboren, hat keine Probleme, sich mit der herrschenden Meinung im christsozialen Bayern anzulegen. Ihr sind Konfliktfähigkeit und Courage ohnehin nicht fremd. Zur Welt ist sie gekommen als Sohn des Spiegel-Gründers und -Herausgebers Rudolf Augstein: „Er unterstützt mich, da gibt es keine Probleme.“ In ihrer Familie, so die zur Tochter gewordene Maria Sabine Augstein, sei es trotzdem nicht leicht gewesen. Als Person in einem falschen Körper? Vor allem eine Tante und ein Onkel hätten sie nie spüren lassen, dass das ein falsches Gefühl sei.

Anfang der Siebzigerjahre in München, während der Jahre bei der Staatsanwaltschaft, habe sie sich entschlossen, als Transsexuelle der psychischen Disposition einen physischen Wechsel folgen zu lassen. Sie ist dafür nach Malaysia gereist, um sich dort zur Frau operieren zu lassen, „dort gab es die erfahreneren Ärzte“.

Dass bayerische Unionspolitiker gegen das Gesetz zu eingetragenen Lebenspartnerschaften hetzen, ficht Augstein nicht an, sie steckt in keiner konservativen Seilschaft, der sie verpflichtet wäre. Aber deren Argument, bald würde kein Kinderlachen mehr Bayerns Straßen erhellen (Edmund Stoiber), findet die Rechtsanwältin besonders empörend: „Als ob sich ein heterosexuelles Paar davon abhalten lässt, Kinder zu bekommen, wenn homosexuelle Partnerschaften geschützt werden – lächerlich.“ Und, ebenso kühl gesprochen: „Ganztagsschulen und Ganztagskindergärten – dass die fehlen, führt dazu, dass Frauen nur wenige Kinder bekommen.“

Die Verfassungsbeschwerde, die Augstein und Gukema eingelegt haben, war ihnen auch deshalb ein besonderer Genuss, weil sich der Freistaat ansonsten gern als strikter Wahrer von Law and Order geriert: „Gesetz ist Gesetz, das weiß man auch in der Münchner Staatskanzlei.“

Schon jetzt sind Augstein und Gukema zu Heldinnen der modernen Homobewegung geworden. Ihre Klage, ihre Beschwerde gegen die Querulanten des Rechtsstaats wie die von der CSU – so viel Selbstbewusstsein verkraftet die Union nur schwer. „Wir lassen uns nichts mehr gefallen. Recht ist Recht“, so Augstein. JAN FEDDERSEN