hitzschlag: Invasion der Obstfliege
Anflugnahrung
Zu heiß, zu schwer, zu fettig. Gutbürgerliche Küche hat es dieser Tage nicht leicht. Erbsensuppe ist nicht mehr. Nur Pommes. Die gehen irgendwie immer. Wie machen die das bloß?
Ansonsten ist die Zeit der Kaltschalen, Salate und eisgekühlten Früchte angebrochen. Und mit ihr die Geburtsstunde der Fruchtfliege. Denn wo reife Mangos und Melonen Schalen lassen, steigt die Bevölkerungszahl in häuslichen Mülleimern. Exotika sind enorm potenzsteigernd. Zumindendest bei Obstfliegen. „Wer bringt jetzt den Müll raus?“ wird zur Existenzfrage.
Was aber tun, wenn es für eine Geburtenkontrolle längst zu spät ist? Darüber scheiden sich die Geister. Wie die Autoren von schaedlingsvernichtung.com auf ihrer Homepage klarstellen, sind die Sommertierchen zwar „keine Krankheitsüberträger“. Da es aber „sehr schnell zur Massenvermehrung kommt“, fällen die Insektenbekämpfer ein hartes Urteil: „Unakzeptabel“. Einen Link weiter präsentiert sich die Lösung: Die „Ex Fly Box“ gibt es im Zweierpack für 41,70 Mark. Eine „Fruchtfliegenfalle für Innenräume“ ist sogar schon für 19,50 Mark zu bekommen.
Aquarienfreunde setzen da lieber auf die naturgegebene Nahrungskette. Bestimmte Tropenfische, die an der Oberfläche tauchen, können ohne so genannte Anflugsnahrung der Marke Drosophila nicht leben. Da kann es glatt passieren, dass die Mülleimerzucht nicht reicht. Doch die Fischfreunde wissen Rat. Unter www.aquanet.de/privat/intersurf5/frucht.htm steht ihr Rezept für einen Fruchtfliegennährboden. Man nehme Haferflocken, Weizenkleie und verrühre das Ganze mit Weißwein zu einem Brei. Lecker.
Ansonsten bleibt Wohngemeinschaften tatsächlich nur der Wunschtraum von einer geregelten und funktionsfähigen Abfallentsorgung. Bis zur Grünkohlzeit können sie noch ein bisschen üben. Bis dahin prophezeit Detlef Schulz vom Deutschen Wetterdienst in Potsdam den Kübelfliegen noch ein paar heiße Kuschelstunden. Sieben Mal schoss das Quecksilber im Juli über die 30-Grad-Marke. Und auch für heute freut sich der Wetterfrosch auf die satte „32“. Er hat es sich auf der obersten Leitersprosse schon recht bequem gemacht. Achtung, Anflugnahrung in Sicht!
YVONNE GLOBERT
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