Ohne Spesen nix zu lösen

Schilys Integrationskonzept könnte in Berlin an der Kostenfrage scheitern. Das befürchtet der Türkische Bund. Die Organisation begrüßt den Entwurf. Die CDU ist sogar schwer begeistert

von DIRK HEMPEL

Allein aus Kostengründen könnte der Entwurf von Innenminister Otto Schily (SPD) zur Neuregelung des Ausländergesetzes scheitern. Das befürchtet Safter Cinar, Sprecher des Türkischen Bundes Berlin. Gerade angesichts der gespannten Haushaltslage in der Hauptstadt könnten die Politiker vor allem auf die Kosten des vom Innenminster vorgesehenen Integrationskonzeptes schauen, sagte Cinar der taz.

Der von Schily gestern vorgelegte Entwurf sieht eine garantierte Mindestversorgung mit Sprach- und Integrationskursen vor. „Wenn die Länder fürchten müssen, auf den Kosten für die Umsetzung sitzen zu bleiben, entscheiden sie sich unter Umständen dagegen“, so Cinar. Davon einmal abgesehen, habe der Innenminister ein „schlüssiges Einwanderungs- und Integrationskonzept“ vorgelegt – auch wenn noch kleinere Nachbesserungen nötig seien.

Auch Giyasettin Sayas, migrationspolitischer Sprecher der PDS, sieht positive Ansätze in dem Papier des Bundesinnenministers. Und zugleich Probleme für Berlin. Die Reduzierung auf nur noch zwei Aufenthaltstitel (unbefristetes Niederlassungsrecht und befristete Aufenthaltserlaubnis) nehme den Ländern das Mittel der Duldung. Bisher könne die Berliner Verwaltung Ausländer ohne Aufenthaltsstatus dulden, wenn sie dafür humanitäre Gründe sehe. In der Hauptstadt sind das derzeit immerhin rund 26.500 Menschen. „Nach dem Schily-Entwurf aber wird die Abschiebung dieser Leute automatisiert“, sagt Sayan.

Durch die geplante Neuprüfung des Asylgrunds für politische Flüchtlinge nach drei Jahren sei außerdem eine Prozesswelle vorprogrammiert. Wer abgelehnt sei, würde Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht einlegen – das bedeute zusätzliche Kosten für die Berliner Justizverwaltung. Dabei ließen sich insgesamt durch „eine weniger restriktive Politik Kosten einsparen“, ist Sayan überzeugt.

Weniger Bedenken hat hingegen der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt. Sollte es künftig ein bundeseinheitliches Integrationskonzept nach niederländischem Vorbild geben, dann müsste der Bund die Kosten dafür tragen. Man könne „zwar darüber diskutieren, ob die Länder sich daran beteiligen, aber das darf höchstens ein kleiner Anteil sein“, so Gewalt im Gespräch mit der taz. Bis zu 600 Millionen Mark dürfte so ein Programm nach Schätzungen der Berliner Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) kosten. Auf die Hauptstadt mit ihren rund 430.000 Ausländern entfiele dabei sicher ein nicht unerheblicher Anteil.

Christdemokrat Gewalt ist aber zur Unterstützung Schilys bereit: Der Innenminister sei mit seinem Entwurf „wie so häufig näher an CDU-Positionen denn an Rot-Grün“. Sollte die Berliner CDU nach den Wahlen im Oktober in der Landesregierung und damit auch im Bundesrat mitreden dürfen – und davon, so Gewalt, „gehe ich aus“ –, werde man den Entwurf „wahrscheinlich unterstützen“.

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