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Neurochemische Reaktion

Der Arte-Themenabend „Liebeskummer“ am Sonntag ab 20.40 Uhr gibt hilfreiche Ratschläge zur Herzschmerzbekämpfung: Alles halb so schlimm. Wer nicht fernsehen will, muss weiter leiden

von GITTA DÜPERTHAL

Wer kennt das Gefühl nicht? Der Erdboden schwankt unter den Füßen, das Leben ist plötzlich sinnlos geworden. Und die geschätzten Freunde versagen. Mal wieder. Sind allenfalls besorgt wegen des bedauernswerten Zustandes, der Liebeskranke nach Verlust des Partners gemeinhin befällt, bringen aber kein Verständnis für die tatsächliche Katastrophe auf.

Keine Panik, heißt da die unterkühlt beruhigende Botschaft für Liebesleidende in Erika Fehses Dokumentarfilm „Herz-Riss – Wenn die Liebe schmerzt“: alles nur neurochemische Reaktion. Wer also winselnd vor sich hin leidet, sollte sich sagen: Vergiss es, bringt nichts. Lehnen wir uns also getrost vor dem Fernseher zurück und beobachten, wie aus kaltschnäuzig skizzierten Hirngrafiken, die unser Leid aus seelenloser Wissenschaftsperspektive betrachten, rote Perlchen hervorquillen. Neurodokrine Stressreaktion nennt man so etwas. Aha. Und der blaue Blitz auf dem Bildschirm steht dafür, dass die „Notfallreaktion“ im Hirn ausgelöst wurde. So ein Arte-Themenabend „Liebeskummer“ über „Die Leidenschaft, die Leiden schafft“ hat also durchaus Erkenntniswert.

Wenn dann allerdings jener Pfeife schmauchende Kuscheltierquäler, im Fachjargon Tierpsychologe genannt, süße Vierbeiner aus fernen Ländern, aus schnödem Forschungsinteresse voneinander trennt, können wir Liebesleidenden das gar nicht gut heißen.

Zumal dessen Studienergebnisse auch mehr als mager anmuten: „Ich würde denken“, sagt dieser Ignorant, „Liebeskummer hat etwas mit Apathie und passivem Stress zu tun.“ Von wegen apathisch und passiv. Da ist zum Beispiel die 21-jährige Astrid, die im Film aus ihrem Schatzkästchen gesammelter Liebesflüche liest. Ein „Verrecke in der Hölle, Jens“ hat sie ihrem Ex hinterhergeschickt.

Aber insgesamt ist Erika Hehses Film wohl eher für passive Kummerkandidaten gedacht, die so etwas wie Lustschmerz gar nicht kennen. Da taucht doch prompt die Frage auf: Ob aus dem so genannten Liebeshormon Oxytoxin nicht ein Medikament zu gewinnen wäre, das gegen Liebeskummer zu verabreichen ist? Das ist nichts für uns aktiv im Liebeswahn Dahinfiebernde, die ihr Leid absichtsvoll in die Welt hinausposaunen wollen. Wir gucken lieber Ingo Knopfs Dokumentation „Unbreak my heart“. Obwohl wir um diese Zeit normalerweise ja noch vor dem Telefon hängen und die Nerven unserer ehemals besten Freundinnen und Freunde gnadenlos zerrütten. Doch wem können wir anschließend auf den Wecker fallen? Dem Dr.-Sommer-Team, jene Trostspender-Clique der allseits bekannten Jugendgazette für lau entwickelte kulturelle Ansprüche? Eher langweilig. Schon besser gefällt die französische Radio-Moderatorin Macha Bérenger mit der rauchigen Stimme, die genau weiß, dass keiner von uns wirklich befriedet werden will. Jawohl, schreien wollen wir und heulen.

Aber am liebsten machen wir es uns selbst: Dafür steht Stefan Uhleins Webseite www.loveinfo.de, wo es die spannende Frage zu lösen gilt: Wird Tobias sich umbringen oder wird die Netzgemeinde ihn retten? Tu’s nicht, Tobias. Sie war’s nicht wert. Und wenn schon: Wie wär’s denn mit uns beiden? Wir könnten ja von derselben Brücke springen. Oder doch lieber gemeinsam Arte schauen?

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