Männertraum im Nahverkehr

Wenn Werbung witzig sein will: Barbie-Puppen im Negligé werben fürs nächtliche Busfahren in Hamburg  ■ Von Sandra Wilsdorf

Wieder kein Glück bei den Frauen gehabt? Zu Hause, auf der Party, in der Disco – alle immun gegen die Herrlichkeit? Schon mal mit Nachtbusfahren versucht? Da sitzen die Puppen und warten. Puppen mit Körbchengröße Doppel D, langen blonden Haaren und noch längeren Beinen. Und das alles kann mann auch noch gut sehen, denn die Puppen tragen nichts als einen Hauch aus fast nichts: Blondies in Unterwäsche und Negligé.

Der Traum eines übernächtigten Busfahrers? Mitnichten, eher die Vision eines überarbeiteten Werbers. Der hat dem Hamburger Verkehrsverbund (HVV) eine halbnackte Barbiepuppe auf den Titel des Nachtbusfahrplans gezaubert, und die Verantwortlichen fanden es toll.

Wer schon immer mal wissen wollte, was die Herren des öffentlichen Nahverkehrs – Damen können das unmöglich mitentschieden haben – für ein Frauenbild haben, erhält das zweite Puzzleteil auf der Rückseite des Fahrplans. Da sehen wir eine Frau in elfenbeinfarbenem Hosenanzug mit Tigerhalstuch, die zu blöd zum Frittenessen ist: Die Ketchupflasche auf den Kopf gestellt, öffnet sie die Lippen zum entsetzen „Au weiah“, derweil Unmengen roter Soße sich nicht nur über die Pommes in ihrer Hand, sondern auch auf den Anzug ergießen. Was uns der HVV damit sagen will: „Wenigstens Busfahren wird einfacher. Mit dem MetroBus“. Aha, danke.

Etliche HamburgerInnen finden die HVV-Werbung überhaupt nicht witzig, sondern frauenfeindlich und diskriminierend. Die GAL-Abgeordnete Heide Simon sah sich sogar veranlasst, eine kleine Anfrage an den Senat zu stellen. Auf die Frage: „Stimmt der Senat mit mir darin überein, dass es sich bei diesem Aufmacher um eine sexistische, klischeehafte Darstellung handelt, die der Hamburger Politik im Kampf gegen Sexismus und für die Gleichstellung von Frauen zuwiderläuft?“ antwortet der Senat: „Mode und Bekleidungssitten unterliegen dem gesellschaftlichen Wandel. Im Übrigen handelt es sich um eine handelsübliche Puppe, die in dieser Ausstattung im Spielzeughandel erworben werden kann.“

Dem HVV selber ist die Angelegenheit etwas peinlich: „Es ist nicht unsere Absicht, Frauen als Sexualobjekte darzustellen oder alte Rollenklischees wieder aufzuwärmen“, sagt Pressesprecherin Gisela Becker. Der HVV wollte eine „frische“ Werbung machen, aber keineswegs auf Kosten der Frauen. Der Werbeagentur sei die Stereotype bewusst gewesen, „das war ironisch gemeint, man kann darüber streiten, ob das so gelungen ist“. In Zukunft wolle man sensibler mit dem Thema umgehen.

Die Zukunft kommt bald. Mit dem neuen Fahrplan Ende September. Der wird andere Motive tragen, welche, steht jedoch noch nicht fest.