Besenstiele, Blutergüsse und Beinstiche

Es geht um Drogen und ums Hauen und Stechen: Der Dealer Stephan Sch. soll seine Kuriere arg misshandelt haben

Der Handel mit Rauschgift ist bekanntermaßen ein kompliziertes Verteilungssystem von Großeinkäufern, Subunternehmern, Zulieferern und Kunden. Wird ein Mitglied dieses auf Loyalität und Verschwiegenheit beruhenden Geflechts von der Polizei erwischt, müssen auch die anderen Beteiligten Konsequenzen fürchten. In dem gestern am Landgericht begonnenen Prozess um zwei mutmaßliche Dealer sagen deswegen alle Verfahrensbeteiligten so wenig wie möglich, allenfalls soviel wie nötig; nur Bruchstücke.

Angeklagt sind der 24-jährige Stephan Sch. und der 26-jährige Markus R.. Sie sollen nicht nur illegal Rauschgift vertickt, sondern auch Drogenkuriere misshandelt haben. Zu Prozessbeginn gibt Sch. zwar zu, ein wenig mit kleinen Mengen von Haschisch, LSD und Ecstasy gehandelt zu haben, aber an Schläge mit dem Besenstiel und Messerstiche kann er sich nicht erinnern. Atemlos stößt der blasse Mann seine Aussage hervor, – so als könne er damit seine Ernsthaftigkeit unterstreichen; R. schweigt.

Anderes erfährt man vom Zeugen Karsten K., dem ehemaligen Kurier. Er habe mehrere Monate für Sch. Drogen weiterverkauft. Ein Gramm Haschisch bekam er beim Angeklagten für acht Mark, und verkaufte es für zehn weiter. Später habe er das Gramm für 5,60 Mark von Sch. erhalten. Als der 20-jährige Gebäudereiniger K. jedoch zu Silvester 2000 aus dem Geschäft aussteigen wollte, sei er mehrmals in der Weddinger Wohnung des Dealers bedroht, mit Bierflaschen beworfen und mit einem Hammer sowie einem Besenstiel geschlagen worden. Zudem habe ihm der Angeklagte mit einem Klappmesser ins Bein gestochen. Im Krankenhaus wurden K. Prellungen, Blutergüsse und Verletzungen am Bein attestiert.

K‘s Mutter und Stiefvater waren damals über das eingeschaltete Handy Ohrenzeugen der Misshandlungen des Sohnes geworden. Beide berichten dem Gericht von Schreien und Weinen sowie dem Lärm umherfliegender Flaschen. Danach sei ihr Sohn blutend und mit vielen blauen Flecken nach Hause gekommen, erinnert sich die Mutter.

Wenige Tage zuvor sei der Angeklagte Sch. zu ihr gekommen und habe gedroht, alle in die Luft zu jagen, wenn die Familie sich einmische. „Aus meiner Sicht war das eine Morddrohung“, sagt die Hausfrau. Nach Angaben des Stiefvaters habe der Angeklagte den Sohn als sein Eigentum betrachtet. Allerdings neige auch der bisweilen zu Übertreibungen, gibt er zu.

Das glaubt auch der Richter, der immer wieder Mühe hat, aus den nervös hervorgehaspelten Sätzen des Zeugen K. eine schlüssige Geschichte zu konstruieren. Viele Anklagepunkte sind noch unklar. Sch. soll auch einen weiteren Drogenkurier mit einer Waffe eingeschüchtert haben. Der Mitbeschuldigte R. habe ebenfalls Schläge verteilt; sein Kampfhund diente dabei zur Einschüchterung. Von den in der Anklage erwähnten großen Mengen von Kokain wollen dagegen alle Verfahrensbeteiligten nichts wissen.

Später sagt K. noch, er habe seit dem Abbruch einer Entzugstherapie im vergangenen Herbst nur ein einziges Mal wieder an einem Joint gezogen, der Angeklagte Sch. schickt ein verächtliches Zischen durch den Raum. Der Prozess wird morgen fortgesetzt. KIRSTEN KÜPPERS