Das Ende eines Plakates

Nach heftiger Kritik wird umstrittene Plakataktion des Förderkreises für das Holocaust-Mahnmal abgebrochen. Verfremdetes Motiv ziert eine Homepage von Revisionisten

BERLIN taz ■ Die umstrittene Plakataktion des Förderkreises für das Holocaust-Mahnmal soll noch in dieser Woche abgebrochen werden. „Wir nehmen die Kritik ernst und nicht nur zur Kenntnis“, sagte Vereinsvorsitzende Lea Rosh gestern der taz. „Daher haben wir uns entschieden, die Kampagne zu beenden.“ Darauf habe sie sich gestern in einem Telefonat mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, verständigt.

Seit zwei Wochen wirbt der „Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden“ mit einem Megaposter am Pariser Platz in Berlin sowie Zeitungsanzeigen und TV-Spots um Spendengelder – mit dem Spruch von Holocaust-Leugnern „den holocaust hat es nie gegeben“. Die Erläuterung folgt erst in kleinen Lettern: „Es gibt immer noch viele, die das behaupten. In 20 Jahren könnten es noch mehr sein.“ Auf Gratis-Postkarten, die der Förderkreis verteilt, findet sich diese sogar nur auf der Rückseite.

Das Motiv sei in höchstem Maße kontraproduktiv, sagte Michel Friedman, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. Er forderte gestern erneut ein sofortiges Ende der Kampagne. Das Riesenposter am Pariser Platz müsse sofort abgenommen werden. „Jeder Tag, an dem das Plakat hängt, ist einer zu viel“, sagte Friedman der taz. Ein Viertel der Jugendlichen wüssten nichts mehr über den Holocaust. „Deshalb ist diese Provokation so gefährlich.“

Initatorin Lea Rosh hatte am Wochenende gesagt, sie habe sich mit Paul Spiegel darauf geeinigt, die Kampagne wie vorgesehen Mitte August zu beenden. Spiegel hatte dem widersprochen. Er habe auf eine sofortige Beendigung gedrungen und fühle sich von Rosh getäuscht.

Ein Missverständnis, sagt diese. Sie habe sich auf die 1.000 Plakate bezogen, die seit dem 21. Juli für zehn Tage in mehreren Großstädten hingen. „Ich kann von hier aus nicht überprüfen, ob wirklich jedes Poster abgenommen wurde.“ In dem Telefonat habe sie Spiegel gestern aber zugesagt, insbesondere das heftig kritisierte Megaposter am Pariser Platz in Berlin umgehend abzuhängen. Am Wochenende hatte der Förderkreis zudem auf eine Anzeige in der Bild-Zeitung verzichtet und auch einen TV-Spot zurückgezogen. Noch ist unklar, ob die Plakatkampagne wie geplant zum Baubeginn des Mahnmals im kommenden Jahr mit einem neuen Motiv fortgesetzt wird. „Natürlich haben wir aus dem jetztigen Verlauf gelernt, dass wir viel breiter diskutieren müssen“, so Lea Rosh.

Die Geschäftsführerin der Stiftung, Sibylle Quack, forderte gestern Konsequenzen aus der Plakataktion. Bei der nächsten Kuratoriumssitzung im September müsse die Rolle des Förderkreises diskutiert werden, sagte Quack zur taz. Alleingänge wie dieser müssten künftig verhindert werden. Sie ließ aber offen, ob auch über Personalfragen diskutiert werde. „Es ist Sache des Förderkreises, wen er in das Kuratorium entsendet.“ Neben Lea Rosh sind dort noch zwei weitere Vereinsmitglieder vertreten. Quack zeigte sich besorgt, dass die Aktion sich negativ auf das Mahnmalprojekt auswirken könnte.

In einem Appell, den sie gestern dem Förderkreis und den Bundestagsparteien übermittelten, hatten am Wochenende 150 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland den „sofortigen Abbruch dieser unsinnigen Kampagne“ gefordert. Die Veranstalter der Kampagne, heißt es dort, verbreiteten mit „diesem ungeheuerlichen Spruch“ eine „infame historische Lüge“ und spielten mit dem Feuer.

Tatsächlich haben Rechtsextreme das Plakat bereits für ihre Zwecke missbraucht. So findet sich das Motiv verfremdet auf einer Homepage des US-amerikanischen Internetversands „Castle Hill Publishers“ aus San Diego. Als Zusatz zu dem Satz „den holocaust hat es nie gegeben“ steht dort: „Es gibt immer mehr, die das behaupten. In 20 Jahren werden es fast alle sein. Wollen Sie wissen, warum?“. Darunter heißt es: „Wir brechen Tabus! Revisionismus pur!“ Rosh will die Seite nun von ihrem Rechtsanwalt prüfen lassen.

NICOLE MASCHLER