IRA sucht Konsens

Untergrundarmee legt Vorschlag zur Ausmusterung der Waffen vor. Britischer Nordirlandminister und irischer Premier begrüßen Erklärung

DUBLIN taz ■ Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) hat gestern einen Vorschlag zur Ausmusterung ihrer Waffen vorgelegt. Das gab der kanadische General John de Chastelain von der Internationalen Abrüstungskommission für Nordirland am Mittag bekannt. „Auf Grund unserer Diskussionen mit IRA-Vertretern sind wir davon überzeugt, dass dieser Vorschlag der Beginn eines Prozesses ist, durch den die IRA-Waffen vollständig und nachprüfbar aus dem Verkehr gezogen werden.“ Über Einzelheiten sprach er nicht. Er sagte lediglich, der Vorschlag erfülle die Vorgaben der Kommission sowie die Bedingungen der britischen Regierung.

Die IRA-Erklärung kam wenige Stunden vor der Vorstandssitzung der Ulster Unionist Party, bei der es um den Regierungsplan zur Rettung des Friedensprozesses ging. Die Regierungen in London und Dublin hatten am Mittwoch ein Papier vorgelegt, in dem es um die umstrittenen Punkte geht: Polizeireform, Entmilitarisierung, Untersuchung der Verwicklung von Polizei und Armee in politische Morde sowie Entwaffnung der paramilitärischen Organisationen. Diese Punkte waren im Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998 zwar vage formuliert, aber bisher nicht umgesetzt worden. Die Unionisten sagten, das Regierungspapier sei für sie Makulatur, solange die IRA nicht mit der Waffenabgabe beginne.

Bisher konnte die Abrüstungskommission einige Waffenlager mehrmals inspizieren und überprüfen, ob die Waffen in der Zwischenzeit benutzt worden waren. Das reichte den Unionisten nicht. Ihr Chef David Trimble trat deshalb am 1. Juli als nordirischer Premierminister zurück. Hält er seinen Rücktritt aufrecht, muss die britische Regierung nach einer Sechs-Wochen-Frist, die am Sonntag abläuft, entweder die Direktherrschaft übernehmen oder Neuwahlen für das nordirische Regionalparlament ausschreiben. Beide Möglichkeiten würden den Friedensprozess wahrscheinlich zum Scheitern bringen. Der britische Nordirlandminister John Reid begrüßte daher die IRA-Erklärung. „Sie ist sehr bedeutsam und ein wichtiger Schritt vorwärts“, sagte er gestern. Der irische Premierminister Bertie Ahern sprach gar von einem „historischen Durchbruch“. Er sagte, die Ulster Unionist Party sollte die enorme Bedeutung dieser Erklärung erkennen. RALF SOTSCHECK