: Noch ist keine Einigung in Sicht
Auch das dritte Vorbereitungstreffen zur Antirassismuskonferenz bringt keinen Konsens. Die Bewertung von Kolonialismusund Sklaverei ist genauso strittig wie die Frage, ob die Politik Israels gegenüber den Palästinensern verurteilt werden soll
aus Genf ANDREAS ZUMACH
Auf der Antirassismuskonferenz der UNO in Durban Ende August ist mit heftigen Auseinandersetzungen und Kampfabstimmungen über die Bewertung von Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung zu rechnen. Auch die Frage, ob die Politik Israels gegenüber den Palästinensern in den Abschlussdokumenten kritisiert werden soll, ist strittig. Eine Einigung in diesen Punkten zeichnet sich auch auf der dritten, noch bis Freitag anberaumten Genfer Vorbereitungstagung für Durban nicht ab.
In der Israel-Frage sind auch die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gespalten. Das deutsche Forum Menschenrechte und andere NGOs kritisierten unterdessen die Haltung der EU zur Frage des Schutzes von Flüchtlingen vor Rassismus. In einem am Montagabend vorgelegten Positionspapier verlangt die Gruppe der afrikanischen Staaten – unter ausdrücklicher Zustimmung des Gastgeberlandes Südafrika – die eindeutige Verurteilung von „Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung (Apartheid)“ als „Verbrechen gegen die Menschheit“ sowie als „wesentliche historische Ursachen“ für „aktuelle Formen von rassischer Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit, insbesonders gegen Afrikaner, Menschen afrikanischer und asiatischer Abstammung sowie gegen eingeborene Völker“.
Verlangt werden eine „Entschuldigung“ durch die „für diese Verbrechen Verantwortlichen“ sowie „angemessene Maßnahmen“ zur Überwindung von Armut, Benachteiligung und Diskriminierung. Die USA und die EU lehnen die Formulierung „Verbrechen gegen die Menschheit“ und andere Bewertungen ab. Eine ausdrückliche Anerkennung und „Entschuldigung“ für vergangene Verbrechen soll vermieden werden. Die USA und Großbritannien fürchten, diese könnte zur Grundlage von Entschädigungsklagen gegen Washington und London herangezogen werden. Die EU will neben der Sklaverei nur „einige Aspekte des Kolonialismus“ verurteilen.
In der Frage Israels bestand die Gruppe der arabischen und islamischen Staaten zwar zuletzt nicht mehr ausdrücklich auf einer Gleichsetzung von Zionismus mit Rassismus. Doch verlangt sie weiter eine Gleichsetzung der Politik Israels gegenüber den Palästinensern mit dem Holocaust an den Juden sowie der früheren Apartheid in Südafrika. Formulierungen im Entwurf für eine Erklärung der NGOs gehen teils noch darüber hinaus. Dieser von einer südafrikanischen NGO-Koordination erstellte Entwurf wird allerdings von den westlichen NGOs und internationalen Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international und Human Rights Watch nicht mitgetragen.
Die USA und die EU-Staaten lehnen nicht nur derartige Formulierungen ab, sondern wenden sich gegen jegliche Erwähnung Israels in dem Abschlussdokument für Durban. Dies bedeute die „völlig unakzeptable Singularisierung“ eines Landes. Auch Indien, dessen Kastensystem nach Auffassung vieler NGOs und der meisten westlichen Regierungen durchaus als eine Form des Rassismus zu bewerten ist, soll in der Abschlusserklärung nicht namentlich erwähnt werden. Unter ausdrücklicher Zustimmung der belgischen EU-Präsidentschaft wurde aus einem Absatz zum Schutz von Flüchtlingen vor Rassismus der Bezug auf die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gestrichen. Die NGOs fordern, diese Passage unverändert und an gleicher Stelle wieder einzufügen. Die südafrikanische Außenministerin Zuma beklagte, dass die UNO-Staaten bislang nur 8 Millionen Dollar zur Finanzierung der Konferenz beigesteuert haben. Die restlichen 81 Millionen müssen die Südafrikaner bezahlen.
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