Besuch der alten Herren

■ Kleingärten auf dem Prüfstand / 27 Vereine in Bremen und Bremerhaven im Wettbewerb/Weg vom Gärtnern mit der Nagelschere: der Trend ist öko

„Die machen ausgiebig Mittag“, beschwert sich Hans-Eberhard Willner. Zusammen mit dem Kassierer und „Fachberater“ wartet der Vorsitzende des Kleingartenvereins Wardamm-Woltmershausen auf „die Kommission“. „Die Kommission“ besteht aus acht Herren und einer Dame, allesamt Vertreter der älteren Generation, und biegt gerade mit dem Auto um die Ecke. „Hoffentlich ist sie nicht so schlimm wie die hier“, raunt Willner. Er meint die knurrende Dogge der Vereinsheimpäch-ter.

Willner und sein Verein haben sich wie 26 andere Vereine beim Landeswettbewerb um die besten Kleingartenanlagen beworben – den hat Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) ausgerufen.

Wischer schickte ihren Referatsleiter für Landschaftsplanung und Grünordnung vorbei. Lothar Naumann ist der Leiter der Datschen-Kommission. „Eine Kleingartenanlage bedeutet nicht nur gärtnerische Nutzung, sondern auch Vereinsaktivitäten“, erklärt er. Kinderfest, Sommerfest, Erntefest, Lampionfest und zwei Weihnachtsfeiern zählen die Kleingärtner auf. Die Juroren hören aufmerksam zu.

„Wieder einmal zeigen, wie naturverbunden wir sind“, möchte Dietmar Klepatz, Juror und Geschäftsführer der Gartenfreunde Bremen. Willner zeigt stolz ein wohnzimmergroßes Stück Rasen neben dem Vereinsheim: „Hier hatten wir vergangenen Sonntag ein Fußballturnier.“

Während der Garten-Trupp im Regen unter großen Schirmen zwischen den menschenleeren Parzellen umherläuft, deutet Vereinsboss Willner auf den Rasen neben den Wegen: „Diese Grünflächen pflegen alle wir.“ Den Finanzsenator dürfte das freuen, denn die gut 70 Hektar „Gemeinschaftsgrün“ der Kleingartenanlagen im Land sind für Referatsleiter Naumann „Teil des städtischen Grüns“ – eigentlich also Terrain von „Stadtgrün“.

Genau darum geht's im Wettbewerb: Die Prüfer lassen Geranien, Goldfischteiche und Gartenzwerge in den Gärten links liegen. Diese dürfen nach den Wettbewerbsregeln nur bei „erheblichen, den Gesamteindruck verstärkenden Mängeln“ negativ bewertet werden.

Zunächst einmal gibt es jedoch Pluspunkte in Wardamm-Woltmershausen: für die nicht zu hohen Hecken, über die Gärtner bestens schnacken können. Für das selbst angelegte Biotop mit dem schmucken Schilf, den Fröschen und Seerosen. Und für den Plan, die geteerten Wege „zu entsiegeln“, wie Naumann erklärt. Das sei eine dufte Ausgleichsmaßnahme „für den Neubau der Autobahn, der hier gleich um die Ecke 59 Kleingärten zum Opfer fallen werden.“

Acht Kategorien umfasst der vorgedruckte Bewertungsbogen, vier Tage lang ist die Jury jetzt in den Gärten Bremens unterwegs. Am Freitag werden die Gewinner gekürt. Sieges-Prämie: 3.500 Mark.

Unkraut jäten unter Steinplatten, Moos aus jeder Ritze kratzen, Rasen abstauben – nix für die Bremer Gartenfreunde. „Wir wollen weg vom Gärtnern mit der Nagelschere“, sagt Dietmar Klepatz. Und auch ein bisschen öko darf der Garten des 21. Jahrhunderts sein. Klepatz: „Auf Pestizide wird geguckt.

Armin Simon