standbild: Kunststofftaumel
Plastic Fantastic (21.45, Arte)
Plastik hat keine Seele, aber es demokratisiert. Es ist ein billiges Massenprodukt, gekauft, um gebraucht und weggeworfen zu werden. Plastik ist Barbie und Tupperware. Plastik, so heißt das Zeitalter, in dem wir leben – glaubt man Roland Mays Dokumentarfilm „Plastic Fantastic“, der den Themenabend „Planet Plastik“ bei Arte eröffnete.
May zeigte den Siegeszug der Kunststoffe im Alltag, den Taumel einer konsumsüchtigen und verschwenderischen Gesellschaft der 50er- und 60er-Jahre. Doch der Autor war geblendet von den psychedelischen Farben und Formen. Zu sehr begeisterte er sich am naiven Blick der Wirtschaftswunder-Werbefilme, nahm ihre Botschaften für bare Münze. Plastik ist nicht bloß der Fetisch einer Epoche, sondern auch der eines Filmemachers. Nur mühsam konnte er sich zu der Überlieferung durchringen, dass Berge von Plastikmüll eine kranke Gesellschaft spiegeln.
„Plastic Fantastic“ ist der filmische Beleg dafür, dass Plastik weniger eine Substanz als vielmehr die Idee ihrer endlosen Umwandlung ist, wie Roland Barthes gesagt hat. Plastik ist einer der technischen Geister, die der Mensch herbeigeschrien hat und die er nun nicht mehr los wird. Und Tupperware ist letzten Endes keine Revolution, sondern nur die Evolution des Konsumspießers. Und dafür braucht man eigentlich keine Hommage an einen Stoff, aus dem die Mülleimerträume sind.
RONALD DIETRICH
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