Genua-Gegner für das Recht auf Ausreise

Gipfelgegner, die nicht nach Italien ausreisen durften, wollen bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen

BERLIN taz ■ Globalisierungskritiker, die vor dem Genua-Gipfel an der Ausreise aus Deutschland gehindert wurden, wollen dies nicht auf sich sitzen lassen. In Hannover hat sich jetzt der „Verein zur Wahrung von politischen Rechten“ (Right Now), gegründet. Mitinitiator Marcus Hawel bereitet wegen des gegen ihn verhängten Ausreiseverbotes eine Klage gegen den Bundesgrenzschutz (BGS) vor. Der BGS hatte Hawel am Grenzübergang Weil am Rhein den Pass abgenommen. Die Begründung lautete nach dem Passgesetz: durch Hawels Ausreise sei „die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik gefährdet“. Diese Annahme wiederum geht auf eine Datei des Bundeskriminalamtes (BKA) zurück, in der etwa 2.000 Personen aufgeführt sind, die Landfriedensbruch begangen haben sollen. Hawel war lediglich bei zwei Demonstrationen erkennungsdienstlich behandelt worden.

Helga Schuhmacher, Sprecherin vom Datenschutzbeauftragten des Bundes, äußerte sich besorgt. Offensichtlich habe der BGS vor dem Gipfel Einblicke in Dateien gehabt, die ihm sonst nicht zugänglich seien. Außerdem habe es wohl eine Liste von Globalisierungsgegnern gegeben, die dem BGS nach dem Gipfel in Göteborg, vermutlich von der ausländischen Polizei, zur Verfügung gestellt worden sei. Die Messlatte sei offenbar sehr niedrig gehängt worden, um ausreisenden Globalisierungsgegnern Krawalltourismus zu unterstellen. Erst im November hatte die Innenministerkonferenz beschlossen, drei neue Dateien beim BKA zu eröffnen: für „linksmotivierte“, „rechtsmotivierte“ und „ausländische“ Gewalttäter. Damit wird die Gruppe derer, die in einem solchen Verzeichnis landen können, erheblich erweitert. Der Datenschutzbeauftragte schlägt darum vor, eine so genannte Aussonderungsprüffrist einzuführen. Nach zwei Jahren solle überprüft werden, ob der Name nicht aus dem Computer gelöscht werden könne, so Schuhmacher.

Vorerst will Right Now mit dem Prozess von Marcus Hawel ein Exempel statuieren. „Zur Not gehen wir bis vor das Bundesverfassungsgericht“, sagte Beate Malkus, Sprecherin von Right Now. Gegen „die verfassungsfeindlichen Tendenzen eines Staates“, der einem das Demonstrationsrecht absprechen wolle, müsse man sich wehren.

STEPHANIE VON OPPEN