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Mit wach-verwunderter Aufmerksamkeit

■ In der Reihe „Standpunkte“ der Kunsthalle: Die Künstlerin Kyung-Hwa Choi-Ahoi

Mit der Wirkung asiatischer Laute in Deutschland so zu spielen, dazu gehört schon Charakterstärke und Kreativität: Die Koreanerin Kyung-Hwa Choi hat ihrem Namen ein aufmunterndes „Ahoi“ angehängt und bezeichnet Hamburg hinfort als ihren zweiten Geburtsort. Denn hier, an der Hochschule für bildende Künste, wurde sie zur Künstlerin, die immer wieder an den Wahrnehmungsdifferenzen arbeitet, die sich einem nicht hier sozialisierten Menschen ständig bieten.

Ihr Mittel dazu ist die Zeichnung, das tägliche Notat auf DIN A4-Blättern. Mit dieser umfangreichen Arbeit machte die Studentin von KP Brehmer und Werner Büttner in diesem Frühjahr Examen, bekam den Karl Dietze-Preis für das beste Diplom zuerkannt und hat jetzt ihre erste Einzelausstellung in der Hamburger Kunsthalle. Nächstes Jahr dann wird sie Stipendiatin der Künstlerkolonie Worpswede sein.

In der Kunsthalle sind auf sechs langen Doppelpulten, die entfernt an alte Klosterbibliotheken erinnern, jeweils Hunderte von Zeichnungen blätterbar montiert. Sie geben Auskunft über merkwürdige Wörter, missverständliche Dinge oder intensive Körpergefühle. Dabei entstehen oft seltsame Objektivationen und surreale Raumgebilde. Manchmal ist es auch nur ein Wasserhahn, oder ein trauriger Teddy, auf den die immer von ein wenig entfernt kommende und so wach-verwunderte Aufmerksamkeit von Kyung-Hwa Choi-Ahoi fällt. Mit der gleichen Haltung wie beim Zeichnen nähert sie sich ihrem Erleben auch sprachlich an: Lautsprecher unter den Pulten ergänzen die Bilder um gesprochene Reflexionen.

Und: Für einige Wochen hat die Künstlerin den zweiten Ausstellungsraum zu ihrem Atelier gemacht und eine „Raumdoku-mentationszeichnung“ angefertigt. Scheinbar architektonisch präzise, doch in subjektiver Maßstäblichkeit finden sich nun im Quadrat aufgebaut Fenster und leere Wände, aber auch die Außenfassade des Eckraums im Kunsthallenaltbau. Und neun Bleistiftzeichnungen anderer Ausstellungsräume der Kunsthalle geben den aus ungewohnter Perspektive, menschenleer und etwas bedrückend dargestellten Raumsituationen etwas Labyrinthisches zurück, das zu entdecken sich lohnt. Hajo Schiff

Kyung-Hwa Choi-Ahoi. Fern und nah: Eröffnung/Matinee: So, 12 Uhr, Hamburger Kunsthalle; bis 30.9.; Broschüre zur Ausstellung (mit einem Text von Fritz Kramer) 5 Mark; Kataloge von Nr. 1–5 der Reihe zusammen 19 Mark

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