Sommerpause in Nordirland

Nach wie vor kein Konsens zwischen Protestanten und IRA in der Abrüstungsfrage. Jetzt fährt Expremier Trimble in Urlaub und sechs Wochen lang passiert nichts

DUBLIN taz ■ Nordirlands Regionalregierung und Parlament hören heute um Mitternacht für 24 Stunden formell auf zu existieren. Dann bleiben sie für weitere sechs Wochen faktisch nicht existent – eine Frist, in der die zerstrittenen Parteien sich doch noch einigen sollen. Dieser vom britischen Nordirlandminister John Reid für gestern Abend angekündigte Schritt ist Ergebnis der Ablehnung des neuesten Abrüstungsangebots der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) durch die protestantische Ulster Unionist Party (UUP), die größte nordirische Partei, aus deren Reihen der bisherige nordirische Premierminister Donald Trimble kommt.

Trimble war als nordirischer Premierminister am 1. Juli zurückgetreten, weil die IRA keine Anstalten gemacht hatte, Waffen herauszurücken. Da zwischen Protestanten und Katholiken in der Regionalregierung Parität herrscht, musste auch Seamus Mallon von der SDLP als stellvertretender Premier abtreten. Laut Gesetz müssen beide Posten innerhalb von sechs Wochen neu besetzt werden. Diese Frist läuft heute um Mitternacht ab. Mit ihrem neuen Schritt ermöglicht die britische Regierung jetzt eine Wiederholung dieses Spiels.

Vor anderthalb Wochen hatten die Regierungen in London und Dublin einen Plan vorgelegt, der die umstrittenen nordirischen Fragen lösen sollte. Während Sinn Féin, der politische Flügel der IRA, und die katholische sozialdemokratische SDLP den Plan annahmen, lehnte Unionistenchef Trimble ihn am Donnerstag ab. Er begrüßte zwar die IRA-Erklärung, sagte aber: „Wir hatten genug Worte, wir hatten Versprechen, und die sind nicht eingehalten worden. Das Einzige, was jetzt Vertrauen schaffen würde, ist der Beginn der Abrüstung.“

„Zu wenig, zu spät“, war dann die Antwort der UUP auf die jüngste IRA-Erklärung vom Mittwoch, wonach sie sich mit der Internationalen Abrüstungskommission unter Leitung des kanadischen Generals John de Chastelain auf eine Methode geeinigt habe, ihre Waffen „für immer und nachprüfbar“ auszumustern – vermutlich durch das Einzementieren ihrer unterirdischen Waffenverstecke.

Statt der 24-stündigen Auflösung und der neuen Wartezeit von sechs Wochen hätte die britische Regierung jetzt auch Neuwahlen für Nordirland ausschreiben oder Regierung und Parlament ganz auflösen können. Gegen Neuwahlen spricht die Tatsache, dass die Gegner des Friedensprozesses, allen voran die Democratic Unionist Party (DUP) des radikal-protestantischen Pfarrers Ian Paisley, Stimmen gewinnen und den Friedensprozess im nordirischen Parlament blockieren könnten.

Trimble erwartet nicht, dass sich die verfahrene Situation kurzfristig ändert. Er fährt morgen in den Urlaub nach Österreich. Ob die IRA innerhalb der nächsten sechs Wochen mit der Ausmusterung ihrer Waffen beginnen will, hat sie nicht bekannt gegeben. RALF SOTSCHECK