Taliban verwirren

Schicksal der in Afghanistan wegen „Missionierung“ inhaftierten Shelter- Now-Mitarbeiter weiter ungewiss: Taliban-Organe widersprechen sich

ISLAMABAD/KABUL afp ■ Widersprüchliche Angaben der Taliban-Miliz über das Schicksal der acht in Afghanistan festgenommenen Ausländer haben Verwirrung ausgelöst. Die offizielle Taliban-Zeitung Schariat berichtete gestern, die vier Deutschen, zwei Australier und zwei US-Bürger sollten spätestens Mittwoch freigelassen und des Landes verwiesen werden. Dagegen betonte Außenminister Mutawakel, über die Bestrafung der Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Shelter Now International“ (SNI) sei noch nicht entschieden. Westliche Diplomaten, die weiter keine Besuchserlaubnis erhielten, äußerten sich besorgt. Den 16 afghanischen SNI-Helfern, die ebenfalls festgenommen wurden, droht die Todesstrafe wegen „Verbreitung des Christentums“.

Laut Schariat werden die Ausländer gemäß Dekret Nummer 14 bestraft, das der Chef der radikalislamischen Taliban, Mullah Omar, im Juli erließ. Dies habe der Vize-„Justizminister“, Mullah Sinwari, dem UN-Gesandten Francesc Vendrell am Samstag mitgeteilt. Das Dekret sieht bis zu zehn Tage Haft für „unerwünschte“ Ausländer sowie die anschließende Ausweisung binnen 48 Stunden vor. Die ersten SNI-Helfer wurden am 3. August festgenommen und müssten danach heute freikommen.

Mutawakel sagte dagegen, die Ermittlungen müssten noch zeigen, wie „schwer das Verbrechen ist, wie es geplant und durchgeführt wurde und wer dahinter steckte“. Sollte es sich um eine „breiter angelegte Verschwörung“ handeln, sei eine geringe Strafe nicht angemessen. Mutawakel zufolge dürfen die acht Ausländer vorerst nicht von ihren diplomatischen Vertretern besucht werden. Dies gelte bis zum Abschluss der Untersuchungen, die „fast“ beendet seien. Für Gespräche mit afghanischen Regierungsvertretern könnten die Diplomaten dagegen Visa erhalten.

Westliche Vertreter hatten zunächst erleichtert auf den Schariat-Bericht reagiert. Nach den Äußerungen Mutawakels sagte ein australischer Botschaftsvertreter, die Verwirrung werde immer größer. „Ich wäre froh, wenn die Gefangenen ausgewiesen würden, weil sie dann sicher wären und mit ihren Familien in Verbindung treten könnten.“ Die Religionspolizei erhebt ständig neue schwere Vorwürfe gegen die SNI-Mitarbeiter. Angeblich waren drei Festgenommene bereits „geständig“.