Schluckbeschwerden

Erster Brechmitteleinsatz der Polizei gegen mutmaßlichen Drogendealer gescheitert. In Haft genommen wurde er dennoch  ■ Von Elke Spanner

Erstmals hat die Hamburger Polizei einem mutmaßlichen Drogendealer Brechmittel einflößen lassen – ohne Erfolg. Der Mann spuckte nicht, wie erhofft, in Kügelchen verpacktes Crack und damit Beweismittel aus. Dennoch wurde er dem Haftrichter vorgeführt und ins Gefängnis gesteckt. „Ihm wurde nicht nur dieser Fall vorgeworfen. Er ist schon öfters mit Drogen in Erscheinung getreten“, sagt Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger.

Der Fall, der sich schon am Sonntagnachmittag ereignete, wurde erst gestern bekannt. Gegen 12.25 Uhr war ZivilpolizistInnen des Landeskriminalamtes 63 in der Rostocker Straße in St. Georg eine Gruppe Menschen aufgefallen – darunter der rund 20-jährige Sudanese, der bereits wegen Drogenhandels strafrechtlich verurteilt ist. Ein kurz danach festgenommener Crack-Konsument räumte gegenüber der Polizei ein, dass der Sudanese ihm den Stoff verkauft habe – aus dem Mund heraus. Als die Fahnder ihn daraufhin ergriffen, so die Staatsanwaltschaft, habe er so heftige Schluckbewegungen gemacht, dass er husten musste. Anschließend brachten die BeamtInnen ihn ins UKE-Institut für Rechtsmedizin, um von einer Ärztin das erhoffte Beweismittel zutage fördern zu lassen.

Das misslang. Zwar flößte die Ärztin dem Tatverdächtigen 30 ml Ipecacuanhasirup ein – mit einem Schlauch durch die Nase in den Magen, nachdem vier PolizistInnen den jungen Mann an Armen und Beinen fixiert hatten. Doch der entleerte nicht den gesamten Magen. Nach 20 Minuten habe er nur leicht zu würgen begonnen, so die Staatsanwaltschaft. Es sei ihm aber gelungen, den hochgewürgten Mageninhalt wieder herunterzuschlucken. Daraufhin habe die Ärztin den Eingriff abgebrochen.

In Frankfurt hatte 1996 der gleiche Ablauf zu dem bisher höchstrichterlichen Urteil über Brechmitteleinsätze geführt – und diese für rechtswidrig erklärt. Auch da war es einem Tatverdächtigen gelungen, den Mageninhalt wieder he-runterzuschlucken. Daraufhin hatten ihm die Ärzte ein stärkeres Brechmittel gespritzt. Das sorgte zwar in der Tat dafür, dass der Mann Drogenkügelchen ausspuckte. Zugleich erlitt er aber einen Kreislaufkollaps.

In Hamburg wollte man auf derartige Folgen wohl verzichten. Offenbar war es aber auch nicht nötig, das Brechmittel noch höher zu dosieren. Anschließend nämlich brachten die PolizeibeamtInnen den Sudanesen trotzdem zu einem Haftrichter, und der steckte den Mann ins Gefängnis. Wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Innensenator Olaf Scholz (SPD) wertete den Eingriff deshalb „als Erfolg“. Und kündigte an, es würden weiterhin Brechmittel eingesetzt.