Politisch völlig von der Rolle

Die Versammlungsbehörde verweigert mehreren Skater-Demonstrationen die Genehmigung. Deren Veranstalter fürchten ein generelles Verbot für rollenden Protest und wollen klagen. SPD, PDS und Grüne unterstützen die Skater

Mit Politik ist nicht zu spaßen. Nach Love Parade und Fuck Parade bekommen dies nun auch die Skater-Demonstrationen zu spüren. Die Versammlungsbehörde, bei der man jede Demonstration anmelden muss, hat der „Berlin-Parade“ keine Genehmigung mehr erteilt. Gleiches gilt für eine von den Jusos Spandau vorgesehene Skater-Demo unter dem Motto „Straßen für Blader – Aber sicher“. „In einem Telefonat hat mir die Behörde mitgeteilt, dass nunmehr grundsätzlich keine Demonstrationen mit Inlineskates genehmigt werde“, berichtet Marcus Hansch, Kreisvorsitzender der Spandauer Jusos.

Die Behörde weist diese Darstellung zurück. Es werde in jedem Einzelfall geprüft, ob es sich um eine politische Demonstration handele, so Polizeisprecher Matthias Prange. Die „Berlin-Parade“ sei aber eine Sportveranstaltung, bei der der Spaßfaktor überwiegen würde.

Um dem Verbot der Behörde zuvorzukommen, hatte „Berlin-Parade“-Veranstalter Stephan Imm die geplante Demonstration bereits im Vorfeld abgesagt. Außerdem nahm er auch die Anmeldung für die am 19. August geplante „Berlin-Parade-Family“ zurück. „Man spricht uns in erster Linie gar nicht unsere politischen Ambitionen ab, sondern ist der Ansicht, dass wir unsere Meinung nicht ausreichend kundtun würden“, so Mitorganisator Lutz Matscholl. Dieser Vorwurf sei jedoch grotesk.

Ende Juli war die „Berlin-Parade“ noch mit Genehmigung an den Zentralen der SPD, CDU, Grünen, FDP und PDS vorbeigerollt. Dort hatten die Skater ihre politischen Forderungen abgegeben. Darüber hinaus würden sie sich in Diskussionsprozesse der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einbringen, betont Matscholl. So seien sie maßgeblich an deren Entscheidung beteiligt gewesen, dass zukünftig sechs Strecken an Wochenenden für Skater freigeben werden. Am vergangenen Sonnabend fiel dafür der Startschuss in der John-Forster-Dulles-Allee, die bis zum 2. September an den Wochendenden den Skatern zur Verfügung steht. „Politischer geht’s doch nicht“, meint Matscholl.

Bei der Versammlungsbehörde sieht man das anders. „Rund 95 Prozent der Parade wird nur gelaufen“, begründet Polizeisprecher Prange die Entscheidung. Die Zwischenkundgebungen sehe man nur als Verschnaufpausen an. Zudem würde für Außenstehende der Charakter einer Demonstration nicht deutlich.

Matscholl will dies nicht so stehen lassen. „Wir tragen ein Banner mit uns, verteilen Flugblätter und verkünden unsere Forderungen durch zwei Megafone“, sagt er. „Was sollen wir denn noch machen?“ Gegen den Beschluss der Versammlungsbehörde wollen die Veranstalter jetzt gerichtlich vorgehen. „Wir suchen Verbündete, klopfen die einzelnen Parteien ab“, so Matschull.

Bei SPD, PDS und Grünen findet er bereits Unterstützung. „Die Berlin-Parade ist keine reine Spaßveranstaltung, sondern will eine Gesetzesänderung“, teilte Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der PDS, mit. Der politische Anspruch sei also gegeben. „Es ist merkwürdig, dass dieser durch Schilder kundgetan werden muss.“ Der SPD-Abgeordnete Thomas Kleineidam fragt sich, ob die Versammlungsbehörde künftig den politischen Charakter einer Veranstaaltung anhand der Anzahl der mitgeführten Plakate messen will. Und Norbert Schellberg (Grüne) betont, dass nicht alle sich wiederholenden Demonstrationen automatisch unpolitisch seien. Sonst träfe dies auch etwa auf Umzüge am 1. Mai zu.

Nach Angaben einer Sprecherin prüft die Senatsverwaltung für Inneres derzeit, ob die von der Versammlungbehörde aufgestellen Kriterien so stehen gelassen werden können.

SILKE KATENKAMP