Leitung gelegt

Telekom unterstützt nun auch die Mountainbiker. Die rechnen sich am Sonntag bei der EM gute Chancen aus

MÜNCHEN taz ■ „Natürlich werden wir die Trikots der Nationalmannschaft tragen. Das gehört sich so“, sagt Lutz Stermann, Manager des Telekom Mountainbike-Teams. So wie Jan Ullrich, der Kollege von der Straßenrad-Abteilung des Konzerns, bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen die blaue Rennbekleidung des Verbandssponsors Hamburger Electricitäts-Werke überstreife, werden auch die Geländefahrer am Sonntag bei der Europameisterschaft in St. Wendel nicht in Telekom-Magenta an den Start gehen.

Doch obwohl die Mannschaft um den Olympia-Fünften Lado Fumic und den Olympia-Achten Carsten Bresser nicht in Teamfarben durch die saarländische Hügellandschaft schießen wird, ist die Europameisterschaft für das „T-Mobil-Mountainbike-Team“, das Anfang dieses Jahres gegründet wurde, der wichtigste Termin der Saison.

„Das ist für uns und für den Sponsor der absolute Saisonhöhepunkt“, sagt Stermann. Höher noch als die Weltcuprennen und sogar höher als die Weltmeisterschaft in Colorado im September stufen Fahrer und Mannschaftsleitung die Europa-Titelkämpfe ein. Eine einmalige Gelegenheit sei St. Wendel, dem deutschen Publikum den Mountainbikesport näher zu bringen. Und auf das deutsche Publikum kommt es ja dem Mountainbike-Förderer Telekom in erster Linie an.

Als sich Telekom im vergangenen Jahr dazu entschloss, neben den erfolgreichen Straßenprofis auch die Geländefahrer zu unterstützen, hatte man in Bonn sicherlich bereits diese Präsentationsmöglichkeit im eigenen Land im Sinn. Ausschlaggebend war allerdings der Erfolg von Fumic und Bresser in Sydney. Nicht zuletzt ihrer guten Platzierungen wegen waren Fumic und Bresser in Sydney zur Olympia-Siegesfeier von Jan Ullrich auf die MS Deutschland im Hafen von Sydney eingeladen worden. Fumic, der sowohl im Gelände als auch in Zivil für sein Draufgängertum bekannt ist, wollte diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen und ging auf Telekom-Kommunikationsdirektor Jürgen Kindervater zu, der nach Ullrichs Olympiasieg in Spendierlaune war.

Dringend, machte Fumic Kindervater klar, brauche der deutsche Mountainbike-Sport einen Sponsor, der Kontinuität garantieren könne. Die bisherigen Mountainbike-Mannschaften wurden von Kleinsponsoren aus der Fahrradbranche gefördert und standen stets auf wackeligen Beinen.

Fumic konnte Kindervater überzeugen. Eine Expertise wurde in Auftrag gegeben und man kam zu dem Schluss, dass das jugendliche Image des Sports gut zum Mobiltelefon-Sektor des Unternehmens passt. Und dass 17 Millionen Deutsche ein Mountainbike besitzen. Die Teamgründung ließ nicht mehr lange auf sich warten.

Die besten deutschen Mountainbiker stehen seit Jahresbeginn bei T-Mobil unter Vertrag, das Budget der Mannschaft beläuft sich auf „einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag“, wie Unternehmenssprecher Stephan Althoff sagt. Im Vergleich zu den schätzungsweise über 20 Millionen Mark der Straßenmannschaft ein Taschengeld. Doch die Biker sind zufrieden: „Es ist alles viel professioneller geworden, die Betreuung ist viel besser“, sagt Carsten Bresser, mit 31 Jahren und fünf Profijahren dienstältester deutscher Mountainbiker. „Am meisten hat sich jedoch die Öffentlichkeitsarbeit verbessert“, so Bresser. Er habe genauso viele Pressekontakte wie im Olympiajahr, das wäre in einer nichtolympischen Mountainbike-Saison bislang nicht möglich gewesen.

In Zukunft möchte Telekom im Mountainbike-Bereich sogar noch zulegen. Bis Olympia 2004 sollen die Spitzenfahrer Bresser und Fumic sowie die Nachwuchshoffnungen Manuel Fumic und Jochen Käß gefördert werden. „Wir konnten mit konstanten Weltcup-Platzierungen unter den ersten 20 sowie dem Bundesligasieg von Carsten Bresser sportlich bei weitem die Erwartungen des Sponsors übertreffen“, sagt Manager Stermann stolz. „Das professionelle Umfeld hat meine Fahrer ungemein motiviert.“

Motiviert gehen die Mountainbiker auch in das Rennen in St. Wendel: Unter die besten fünf möchte Carsten Bresser am Sonntag fahren und sich dabei nicht zuletzt deshalb besonders anstrengen, weil St. Wendel der Stammverein des Pfälzers ist. Gegen die besten Europäer, wie den französischen Olympiasieger Miguel Martinez, glaubt Bresser, hätten er und Fumic allerdings noch keine Chance: „Das sind die Besten der Welt.“ Das wollen die jung-dynamischen Mobilfunk-Werbeträger erst noch werden.

SEBASTIAN MOLL