Kanzler springt im Konsens

Bei der Beschaffung einer parlamentarischen Mehrheit für einen Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien gehen Regierung und Opposition aufeinander zu. Nato-Voraustruppe eingetroffen

BERLIN taz ■ Die Entsendung deutscher Soldaten nach Mazedonien wird immer wahrscheinlicher. Kanzler Gerhard Schröder und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel näherten sich gestern einander an. Sie halte einen „außenpolitischen Konsens für vernünftig“, meinte Merkel und betonte, dass es keine Opposition aus Prinzip geben werde. Schröder, der Merkel in der Sache Gespräche angeboten hatte, meinte, die Union müsse „sich sehr genau überlegen, ob sie aus parteitaktischen Überlegungen heraus die Verantwortung dafür übernehmen will, die früher in solchen Fragen gepflegte Gemeinsamkeit aufzugeben“. Zugleich stellte Schröder klar, dass es keinen „Vorratsbeschluss“ geben werde. Sollte die von der Nato gesetzte 30-Tages-Frist zur Einsammlung der Rebellenwaffen verstreichen, werde der Bundestag erneut zusammenkommen, um über eine Mandatsverlängerung zu entscheiden, so der Kanzler.

In der Frage der finanziellen Besserstellung der Bundeswehr, die die Union zur Bedingung ihrer Unterstützung gemacht hat, zeichnete sich eine modifizierte Haltung ab. Gegenüber der taz erklärte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Lamers, die Regierung solle die für 2003 geplante Aufstockung des Verteidigungsetats vorziehen: „Alle Seiten sind gefordert, sich um einen Konsens zu bemühen.“ Zahlen wollte Lamers aber ebenso wenig wie Merkel nennen. Er wolle „dies nicht zu einer Prestigefrage zwischen Regierung und Opposition machen“. Der Vizefraktionschef der Union, Wolfgang Bosbach, erklärte gegenüber der taz: „Wenn es keine Besserstellung der Bundeswehr insgesamt gibt, wird es keine Zustimmung der Union geben.“ Bislang hatte Exverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) eine Aufstockung um 500 Millionen Mark verlangt, das Finanzministerium hingegen 120 Millionen Mark für den Transport der Truppe und 15 Millionen Mark monatlich für die Stationierung zugesagt.

Unklar war gestern, ob die Sondersitzung des Bundestags bereits kommende Woche stattfindet, nachdem der Nato-Rat seine Entscheidung für die Entsendung der 3.500 Mann starken Truppe erst in den nächsten Tagen fällen will. Damit würde eine Sondersitzung erst in der übernächsten Woche wahrscheinlich. Unterdessen landeten gestern 120 tschechische Fallschirmjäger und 40 britische Soldaten in Skopje. Sie sind Teil eines Vorauskommandos der Nato, das gestern Abend in der mazedonischen Hauptstadt erwartet wurde.

SEVERIN WEILAND

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