Kampf der Guerilla

Kolumbiens Präsident erteilt sich und dem Militär Sondervollmachten. Menschenrechtler sind entsetzt

BUENOS AIRES taz ■ Mit Sondervollmachten für die Streitkräfte und sich selbst will der kolumbianische Präsident Andres Pastrana der Guerilla in seinem Land zu Leibe rücken. Bereits am vergangenen Montag unterschrieb er ein umstrittenes Antiterrorgesetz, wie der Pressedienst der Regierung erst am Donnerstag mitteilte. Das bereits im Juni vom Kongress verabschiedete Gesetz ermächtigt den Präsidenten dazu, den „Antiterrorzustand“ auszurufen, wenn die „nationale Sicherheit und Verteidigung“ gefährdet sind. In einem solchen Fall können die Streitkräfte Justizfunktionen ausüben.

Im Falle einer militärischen Auseinandersetzung der Guerilla oder anderer Gruppen mit den Streitkräften kann der Präsident ein bestimmtes Gebiet zur Operationszone erklären. In einer solchen Zone haben dann die Armee oder die Polizei die Befehlsgewalt gegenüber zivilen Institutionen. Es wird den Soldaten auch gestattet, Richter zu spielen. Ohne Haftbefehl können sie Personen festnehmen, die dann nicht in Polizeigefängnissen eingesperrt werden, sondern in Armeeeinrichtungen. Auch wird die Frist verlängert, bis ein Festgenommener dem Haftrichter vorgeführt werden muss. Gleichzeitig erschwert das Gesetz die Untersuchungsmöglichkeiten gegen Mitglieder der Streitkräfte, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

Menschenrechtsgruppen in Kolumbien liefen Sturm gegen das Gesetz. Denn das kolumbianische Militär hat nicht den besten Ruf. Immer wieder kommt es seitens der Militärs zu Menschenrechtsverletzungen, und die Kontakte zwischen Streitkräften und ultrarechten Paramilitärs gelten als glänzend. In einigen Fällen ist die Grenze zwischen Militär und Paramilitär fließend, nicht wenige Offiziere der Streitkräfte wechseln nach Feierabend die Uniform, um in den so genannten Selbstverteidigungskomitees zu dienen. Die kolumbianische Juristenvereinigung fürchtet die Inhaftierung von Zivilisten in Militärbasen ohne jegliche juristische Grundlage. INGO MALCHER