SPD kopiert Koch

Die SPD will junge Arbeitslose mit Hilfe von Weiterbildungsverträgen in Jobs bringen. Wer die Arbeit nicht antritt, soll Sozialansprüche verlieren

BERLIN taz ■ Auch die SPD will Arbeitslose jetzt stärker in die Pflicht nehmen. Vizeparteichef Rudolf Scharping regte gestern in der Welt am Sonntag Weiterbildungsverträge mit jungen Arbeitslosen bis 25 Jahren an. Ihnen sollten in direkten Vereinbarungen Arbeiten angeboten werden.

Die Verträge sollten auch für öffentlich geförderte Arbeiten wie den kommunalen Umweltschutz, Alten- und Krankenpflege gelten. In ihnen müssten Hilfen und Verpflichtungen festgelegt werden. „Wer diese Arbeit nicht antritt, verliert nicht nur einen Teil, sondern er verliert schließlich jede öffentliche Unterstützung.“ In diese Richtung dächten auch Kanzler Gerhard Schröder und Arbeitsminister Walter Riester.

Mit seinem Vorstoß, die Sozialhilfe zu beschneiden, hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die Diskussion über eine Reform der staatlichen Leistungen in der vergangenen Woche neu entfacht. „Wir garantieren Ausbildung und Übergang ins Berufsleben“, rechtfertigte Scharping gestern sein Konzept. Wer dieses Angebot der Allgemeinheit nicht annehme, brauche offenbar keine Hilfe. „Dann wird sie auch nicht gezahlt.“

Die Reaktion aus Hessen kam prompt. Nach diesen „bemerkenswerten Äußerungen“ erwarte die Landesregierung ein Ja Berlins zu einer Experimentierklausel für das „Koch-Modell“, so ein Sprecher. Koch will die Sozialhilfe in Hessen nach dem Vorbild des US-Bundesstaates Wisconsin umgestalten.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Ramsauer, kritisierte Scharpings Vorschlag als heuchlerisch. Als früherer SPD-Fraktionschef habe dieser „Vorschläge der Union in diese Richtung immer wutschnaubend abgelehnt“. Der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, äußerte verfassungsrechtliche Bedenken. Der Vorschlag widerspreche dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes.

Jugendliche gelten bereits nach sechs Monaten ohne Job als Langzeitarbeitslose. Im Jahr 2000 lag ihre Zahl bundesweit bei 16,8 Prozent. 5 Prozent der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger befinden sich in Aus- oder Fortbildung. Nur ein Fünftel der Jugendlichen, die am Jump-Förderprogramm der Bundesregierung teilnehmen, findet unmittelbar danach einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. NM