CDU-Chef in Nöten

Das Ermittlungsverfahren gegen den rheinland-pfälzischen CDU-Chef wird nicht eingestellt. Aufhebung der Immunität wahrscheinlich

MAINZ taz ■ Die Staatsanwaltschaft in Mainz stellt das laufende Ermittlungsverfahren gegen den Vorsitzenden der rheinland-pfälzischen Union und der CDU-Landtagsfraktion, Christoph Böhr, nicht ein. Der Verlierer der Landtagswahl vom 25. März sei nicht bereit gewesen, eine Geldbuße in Höhe von 15.000 Mark zu zahlen, so der leitende Oberstaatsanwalt Klaus Puderbach gestern. Für diesen Betrag hatte ihm die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens angeboten, das wegen des Verdachtes auf Veruntreuung von Fraktionsgeldern gegen ihn eingeleitet worden war.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sei unter anderem eine von der CDU landesweit verteilte und mit Fotos von Böhr „gespickte“ Broschüre zur Fußball-WM 1998 unrechtmäßig zur Hälfte mit Fraktionsgeldern finanziert worden. Nach der Landesverfassung und dem Fraktionsgesetz dürfen Fraktionsgelder aber ausschließlich zur Finanzierung der Arbeit der Landtagsabgeordneten verwendet werden. Darum müsse seine Behörde jetzt die Aufhebung der Immunität des Landtagsabgeordneten Böhr beantragen, „wenn sich nichts Wesentliches mehr ändert“, so Puderbach.

Offenbar soll in Kürze Anklage gegen Böhr erhoben werden. Nach Spiegel-Recherchen habe Böhr 1999 mit einem Tausendmarkschein aus der Fraktionskasse auch die Rechnung für die Geburtstagsfeier des früheren Kultusministers Gölter (CDU) mit beglichen. Und zur Begleichung einer Agenturrechnung für eine CDU-Wahlkampfbroschüre sei Geld aus der Fraktions- in die Parteikasse geflossen.

Böhr hat bislang alle Vorwürfe zurückgewiesen. Und von einer anderen Seite droht ihm keine Gefahr mehr. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft gab schon vor zwei Monaten ihren Verzicht auf die Erhebung einer weiteren Anklage gegen den zu mehr als zehn Jahren Haft verurteilten ehemaligen Topmanager der Caritas Trägergesellschaft Trier (ctt), Hans-Joachim Doerfert, bekannt. Kein neues Verfahren – keine daraus abzuleitenden neuen Ermittlungsverfahren oder Anklagen mehr. Als Trierer Parteichef soll Böhr nämlich mehrfach Geld unbekannter Herkunft von Doerfert angenommen haben. Der Betrüger, der die Caritas und das Bistum Trier ausplünderte, war Böhrs Kassenwart bei der CDU in Trier.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT