noch 130 tage bis zum euro
: taz-Serie über unser neues Geld. 20. Teil

Professor Starbatty: Euro labil

taz: Sie haben gegen die Einführung des Euro geklagt. Umsonst. Noch 130 Tage, dann gibt es den Euro auch als Bargeld. Haben Sie jetzt aufgegeben?

Joachim Starbatty: Aufgegeben, nein. Es hat ja nie einen richtigen Kampf gegeben. Die Regierung hat sich der sachlichen Auseinandersetzung entzogen.

Ändert sich durch die Einführung überhaupt etwas?

Ja. Es wird endgültig ein Währungssystem etabliert, dessen politische und ökonomische Fundamente viel zu labil sind. Ich warne die Bundesregierung weiterhin: Sie soll wenigstens eine Zeit lang die D-Mark als Parallelwährung beibehalten – dann könnte man zurück, wenn es mit dem Euro nicht klappt.

Warum warnen Sie so vehement vor dem Euro?

Weil der Euro auf Dauer in einem Gebiet zirkulieren soll, das von Lappland bis Sizilien reicht. Da divergieren die wirtschaftlichen Strukturen und Konjunkturen sehr stark. Früher konnte man Lohn- und Produktivitätsunterschiede durch Wechselkursänderungen ausgleichen. Das geht mit dem Euro nicht mehr.

Warum kann das nicht funktionieren? In den USA gibt es auch unterschiedlich starke Regionen.

Ja, aber die Wirtschaft in den USA ist nicht so verkrustet wie die europäische. Erstens herrscht volle Freizügigkeit: Arbeitnehmer dürfen arbeiten, wo sie wollen. Das ist in der Eurozone politisch nicht gewollt – siehe das deutsche Entsendegesetz. Auch die Übergangsfristen, die Deutschland für die Beitrittskandidaten will, belegen das. Zweitens existiert in den USA ein Finanzausgleich. In der EU aber gibt es nur den Strukturfonds. Aus dem werden direkte Projekte gefördert, nicht aber Geld direkt an die nationalen Regierungen überwiesen.

Hätte der Euro Chancen, wenn die Europäische Zentralbank, wie die amerikanische, auch die Konjunktur im Auge hätte – und nicht nur die Geldstabilität?

Nein, das geht ja gar nicht. An welcher Konjunktur sollte sie sich denn orientieren – an der irischen, griechischen oder der deutschen?

Irgendwann werden sich die Unterschiede angleichen.

Ja, irgendwann – vielleicht in 20 oder 30 Jahren!

Wäre dem Euro geholfen, wenn es eine europäische Regierung gäbe?

Das halte ich für utopisch. Zuerst eine gemeinsame Währung einführen und dann eine Art Staat außenherum formen – das hat in der Geschichte noch nie funktioniert. K. KOUFEN