Hürden für Schilys Gesetzentwurf – die Union errichtet sie

Die Unionspolitiker Müller, Beckstein und Bosbach lassen an Schilys Zuwanderungsgesetz kaum ein gutes Haar. Bosbach meldet Zweifel am Fahrplan für eine Einigung an

BERLIN taz ■ Peter Müller, der saarländische Ministerpräsident, will sich nicht festlegen. Welche Chancen ein Zuwanderungsgesetz im Bundesrat haben werde, sei im Moment nicht abzusehen. Es fehle „die Grundlage, um eine Prognose zu treffen“. Grundlage, das heißt mit den Worten des vormaligen Chefs der CDU-Zuwanderungskommission: ein „Gesetzentwurf der Bundesregierung“. Was man zurzeit vorliegen habe, sei ja nur ein Entwurf aus dem Hause von Bundesinnenminister Otto Schily.

Zu den Aussichten eines Kompromisses im Bundesrat gibt sich sein Nebenmann an diesem Donnerstagmorgen in der Bundespressekonferenz, Bayerns Innenminister Günther Beckstein, weit skeptischer: Es sei ja bekannt, dass er in dieser Frage „andere Akzente sehe als Herr Müller“. Beckstein nennt Schilys Entwurf „völlig indiskutabel“, die Chancen auf eine Einigung schätzt er „sehr pessimistisch“ ein. Es sind die Zwischentöne, die die Diffenrenz zwischen Müller und Beckstein ausmachen: Der Saarländer hält, ohne Namen oder Partei zu nennen, die jüngsten harschen Töne aus der CSU für „Einzelstimmen“, die er nicht teile. Entscheidend sei letztlich, ob die Bundesregierung auf die Forderungen der Union eingehe.

Schon einmal, vor fast zwei Monaten, haben Müller, Beckstein und der Union-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach an gleicher Stelle das Zuwanderungsgesetz kommentiert. Damals, einen Tag nach der Vorstellung des Entwurfs durch Schily, fiel ihr Votum positiver aus. Das gibt Beckstein unumwunden zu: Schily habe auf seiner Pressekonferenz das gesagt, was „für konservative Ohren gut klingt“. Im Entwurf stehe aber, was die Grünen wollten.

Im Detail legen die drei Unionspolitiker eine Reihe von Kritikpunkten vor: Unzumutbar sei ein Niederlassungsrecht für Höchstqualifizierte ohne Nennung von Kontingenten. Auch sei der Begriff Höchstqualifizierter unklar. Das Ausländerrecht werde nicht wie versprochen vereinfacht, sondern sei selbst für erfahrene Beamte nur „unter größten Schwierigkeiten interpretierbar“. Eine „Provokation“ (Beckstein) sei es, die Zuwanderungshöchstzahlen in der Arbeitsmigration durch Rechtsverordnung der Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrates festlegen zu lassen. Zudem lehne die Union eine Zuwanderung aus demografischen Gründen ab. Auch würden die Ausländerbehörden bei der Arbeitsmigration gegenüber den Arbeitsämtern benachteiligt.

Eine „Provokation“ nennt Müller die fehlenden Angaben über Kosten und Lastenverteilung der Integrationskurse. Überhaupt sei die Integration das eigentliche „Stiefkind“ des Entwurfs, enthalte er doch noch nicht einmal Integrationsziele. Bosbach obliegt es in der Rollenverteilung – Müller hat den Part für das weiche Thema Integration, Beckstein für das harte Thema Arbeitsmarkt übernommen –, die Pläne zum Asylrecht und Familiennachzug zu kritisieren. Man bestehe darauf, dass die erstgerichtliche Instanz in Verwaltungsverfahren bei Klagen abgelehnter Asylbewerber auch die letzte sei. Auch sei die von Schily beabsichtigte Abschaffung der Weisungsunabhängigkeit der Einzelentscheider bei Asylverfahren beizubehalten. Ebenso müsse die Bundesregierung klar die EU-Richtlinie zum Familiennachzug ablehnen; andernfalls würden jährlich bis zu 200.000 Familienangehörige in die Bundesrepublik kommen.

Am Ende dann verweist Bosbach auf technische Details, die ahnen lassen, dass der Streit ums Zuwanderungsgesetz erst beginnt: Sollte das Kabinett Ende September den Entwurf verabschieden, blieben nur noch sechs Sitzungswochen bis zur Verabschiedung durch den Bundestag. Er warne vor einem „Hauruck-Verfahren“, so Bosbach. Ein Schelm, der dabei nicht an das Wort Vertagung denkt. SEVERIN WEILAND