Letzte Hürde Bundestag

Gestern hat das Kabinett den Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien gebilligt. Jetzt muss nur noch der Bundestag zustimmen. Sitzung kommende Woche. Mehrheit vermutlich gesichert

BERLIN taz ■ Seit gestern Nachmittag läuft die Uhr für die Parlamentsentscheidung über einen deutschen Militäreinsatz in Mazedonien: Das Kabinett hat am Donnerstag einen Beschluss über die Teilnahme von bis zu 500 Bundeswehrsoldaten an der Nato-Operation „Essential Harvest“ gefasst. Der Bundeskanzler bat Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, für Dienstag und Mittwoch kommender Woche eine Sondersitzung des Parlaments einzuberufen, und bis dahin bleibt der Regierung Zeit, eine Mehrheit zusammenzuzimmern.

Wenn die kryptischen Worte des FDP-Parteivorsitzenden Wolfgang Gerhardt ein Maßstab sein können, dann steht die Mehrheit bereits. Nach einem Informationsgespräch für die Fraktionsvorsitzenden mit Kanzler, Außen- und Verteidigungsminister erklärte Gerhardt, die meisten Fragen der FDP seien beantwortet worden: „Wir haben keinen innenpolitischen Schlagabtausch mit der Bundesregierung mehr vor uns.“ Allerdings wolle seine Fraktion am Dienstag noch diskutieren. Würde die FDP dem Entwurf der Regierung zustimmen, wären die rund 30 Abweichler aus dem rot-grünen Lager kein Hindernis mehr für den Einsatz.

Die Anstrengungen der Bundesregierung konzentrieren sich vor diesem Hintergrund darauf, auch die Oppositionsfraktion von CDU und CSU für den Einsatz zu gewinnen. Gereizt von Gerhard Schröders hartnäckigen Appellen an die Bündnistreue zur Nato, distanzierte sich Unionsfraktionschef Friedrich Merz gestern just von dem Prinzip, das die Union lange selbst hochhielt: „Bündnistreue ist so ein Schlagwort, das immer angeführt wird, wenn in der Sache die Argumente ausgehen“, sagte Merz. Schröder erhöhte wenig später den Druck auf die Union, indem er ein weiteres Entgegenkommen von Rot-Grün ausschloss: „Man kann ja nicht so weit gehen, eine eminent wichtige bündnispolitische Frage zum Gegenstand haushaltspolitischer Beratungen zu machen.“ Merz hatte zuvor seine Forderung bekräftigt, die Regierung müsse bei der Finanzierung der Bundeswehr einen „Einstieg in eine Kurskorrektur“ bieten.

Befürchtungen, die Nato könnte in Mazedonien in ein Vietnam auf dem Balkan rutschen, konterte Schröder mit drei Argumenten: Die Nato dürfe die Waffenabgabe der albanischen Rebellen nicht mit Gewalt erzwingen, eine Verlängerung des Einsatzes sei nur möglich nach erneuter Zustimmung von Nato-Rat und Bundestag, und schließlich sei die „Rückzugsfähigkeit“ der Nato-Truppen gesichert. Nächste Woche im Bundestag steht den Abgeordneten ein Sitzungsmarathon bevor. Abgestimmt wird wohl am Mittwoch.

PATRIK SCHWARZ

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