Viele Fische und trotzdem gefährlich

■ Weder Häfen noch Weserwasser sind mehr das, was sie mal waren: Verschmutzt, giftig, mit inzwischen völlig veränderter Ufer-Vegetation: Bärenklaus statt Sand

Sollte mal eine BremerIn in ein Hafenbecken fallen, sind weder Krankheit noch Vergiftungen zu befürchten. Zwar herrscht dort Gewässergüte drei (stark verschmutzt), das ist aber auch nicht viel schlechter als das Weserwasser, mit dem die Hafenbecken regelmäßig durchgespült werden. Und überhaupt: „Die grobe Verschmutzungsphase des Weserwassers und Fische mit Tumoren haben wir hinter uns“, sagt Annegret Reinecke von Robin Wood. Trotzdem würde auch sie nicht sagen, dass das Weserwasser sauber ist. Und warnt vielmehr vor bisher nicht analysierten chemischen Substanzen im Wasser wie beispielsweise Medikamentenrückstände.

Viel sauberer geht es offenbar auch nicht mehr, denn Bremens Fluss ist von einem ursprünglichen Zustand meilenweit entfernt, weshalb natürliche Renerationsprozesse nicht mehr greifen können. Die Unterweser zwischen Bremen und Bremerhaven zum Beispiel gehört zu den verbautesten Flussstücken Europas. Zu viele Pflanzenarten und Kleinstlebewesen sind wegen der Ausbaggerungen und Flussbegradigungen für die Hafenstadt inzwischen ausgestorben.

Dafür haben sich immer mehr Exoten breit gemacht. Mitgeschleppt von Schiffen aus Übersee haben sich hier Organismen niedergelassen und sich ohne natürliche Feinde in die hiesige marine Flora und Fauna hineingedrängt. Die natürliche Vegetation hier wäre etwa Sand, Schilf, dahinter Weiden und Erlen. Und nicht der giftige Bärenklau am Osterdeich. Bei der Fließgeschwindigkeit der Weser sind natürliche Strände aber inzwischen Utopien. Selbst das Café Sand schüttet alle acht Jahre neuen Sand auf.

Die fremdländischen Eindringlinge werden sogar den Fischern zur Last. Ein Beispiel: die Wollhandkrabbe, die den Fischern den Fang im Netz wegfuttert und Uferbefestigungen beschädigt.

Richtig arg wird es allerdings, wenn man anfängt zu buddeln. In den Häfen kommt giftiger Schlick zu Tage, der so ziemlich alle Schadstoffe (wie zum Beispiel TBT) aufgesaugt hat. „Da haben wir tatsächlich ein Problem“, gibt man im bremischen Hafenamt zu. Das Baggergut muss auf die Deponie in Seehausen und darf nicht in der Nordsee verklappt werden.

Aber trotz TBT und vielen anderen lebensfeindlichen bis giftigen Chemikalien tummeln sich im Hafenwasser genauso viele Fische wie im Fluss. 30 Arten sind der Weser von ursprünglich 34 Arten geblieben, und die schwimmen sogar besonders gern in die Hafenbecken. Denn in Häfen steht das Wasser so ruhig wie früher in Altwasserarmen. Daher ziehen sich heute Fische zum Ablaichen in Hafenbekken zurück.

Gudrun Fischer