Die IRA auf Urlaub in Kolumbien

Die drei wegen Bombenbastelns Festgenommenen bleiben in Bogotá in Untersuchungshaft. Ihre Organisation streitet jede Verbindung ab. Doch das überzeugt nicht. Und die USA sind sauer über die Zusammenarbeit mit den Drogenhändlern der Farc

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Die drei mutmaßlichen Mitglieder der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), die vorige Woche in Kolumbien verhaftet worden sind, werden vorerst nicht abgeschoben. Sie bleiben in Untersuchungshaft in Bogotá. Die kolumbianische Polizei wirft ihnen vor, die „Bewaffneten revolutionären Kräfte von Kolumbien (Farc)“ in einem Ausbildungslager in San Vicente im Bombenbauen angelernt zu haben.

Das Trio, das mit gefälschten Pässen eingereist war, behauptet dagegen, in Kolumbien lediglich fünf Wochen Urlaub gemacht zu haben. Sinn Féin, der politische Flügel der IRA, erklärte, die drei Männer hätten nichts mit der Partei zu tun. Das ist nicht überzeugend: Jim Monaghan hat in den Siebzigerjahren die ersten ferngezündeten Bomben für die IRA entwickelt. Später gehörte er dem Vorstand von Sinn Féin an. Martin McCauley war bei den britischen Wahlen vor fünf Jahren Wahlkampfleiter von Sinn Féin. Und Niall Connolly sei von Sinn Féin als Abgesandter in Kuba akkreditiert, erklärte die dortige Regierung. Connolly hat den Kuba-Besuch von Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams im nächsten Monat vorbereitet.

Die IRA hatte laut Angaben eines hochrangigen Mitglieds nach dem Belfaster Friedensabkommen vom Karfreitag 1998 ihren Mitgliedern in einem internen Memorandum verkündet, dass sie künftig von der Organisation verleugnet würden, sollten sie bei Aktionen gefasst werden, selbst wenn diese vom Armeerat abgesegnet waren. Damit wollte man Sinn Féin den Rücken bei den Verhandlungen um die Umsetzung des Abkommens freihalten.

Der Belfaster Journalist Ed Moloney beschrieb das Doppelspiel, das Sinn Féin mit den eigenen Anhängern sowie den Regierungen in Dublin und London spielt: Die Taktik seit dem Waffenstillstand vor sieben Jahren erhielt den Namen „Tuas“ – „totally unarmed strategy“, also eine vollkommen unbewaffnete Strategie, so ließ Sinn Féin durch gezielte Indiskretionen durchsickern. Den eigenen Mitgliedern erklärte man die Abkürzung anders: „Tactical use of armed strategy“, also ein taktischer Einsatz der bewaffneten Strategie. Um die Basis zu überzeugen, hat die IRA auch nach dem Waffenstillstand weiter rekrutiert, Raubüberfälle begangen, Waffen gestohlen und Bestrafungsaktionen durchgeführt. Das wissen natürlich auch die Regierungen in London und Dublin, doch sie ignorierten es im Interesse des Friedensprozesses.

Den Ausflug der IRA-Männer nach Kolumbien können sie dagegen nicht ignorieren. Die Farc gelten in den USA als Staatsfeind Nummer eins, seit die Organisation im großen Stil in den Drogenhandel eingestiegen ist. Ein Regierungssprecher sagte, die Folgen für Sinn Féin wären schwerwiegend, wenn eine Verbindung der drei zur Partei nachgewiesen würden. Wahrscheinlich würde man Sinn Féin das Sammeln von Spenden in den USA untersagen, was seit 1994 mehr als fünf Millionen Dollar eingebracht hat.

Ums Geld ging es offenbar auch bei der Aktion in Kolumbien, denn die Farc können es sich leisten, großzügig zu zahlen. Sinn Féin unterhält einen weitläufigen Parteiapparat, will man doch bei den Wahlen in der Republik Irland im nächsten Jahr erheblich zulegen. Wichtiger Programmpunkt im Wahlkampf ist die Drogenpolitik: Sinn Féin führt in Dublin eine erbitterte Kampagne gegen Heroin und Cannabis, seit dem Waffenstillstand hat die IRA rund 30 Menschen umgebracht, darunter zahlreiche Drogenhändler. Es sei die schlimmste Heuchelei, schrieb eine irische Sonntagszeitung, dass die IRA zu Hause Drogenhändler erschieße, während sie eins der größten Drogenkartelle der Welt im Bombenbauen ausbilde und sein Geld kassiere.