zahl der woche
: Strom aus Schönau: Ökologisch und demokratisch

Kundenzahl versiebenfacht

Die Schönauer „Stromrebellen“ haben in diesen Tagen den 10.000. Kunden außerhalb ihrer Gemeinde unter Vertrag genommen – und damit eine klassische Regel der Wirtschaft widerlegt. Denn nach gängiger Lehrmeinung dürften die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) am Markt keine Chance haben: ein kleines Unternehmen, das zudem kein Geld in Werbung steckt, scheint zum Scheitern verurteilt. Aber das Gegenteil ist der Fall; die EWS agieren auf dem liberalisierten Strommarkt sehr erfolgreich. In nur drei Jahren hat der Schwarzwälder Stromversorger, der vor der Marktöffnung gerade 1.500 Abnehmer im eigenen Ort versorgte, seine Kundenzahl mehr als versiebenfacht – eine solche Bilanz schafft kein zweiter Stromnetzbetreiber in Deutschland. Für die EWS hat sich der unnachgiebige Kampf gegen den Atomstrom als unschätzbarer Wettbewerbsvorteil erwiesen – denn die EWS sind der einzige Stromversorger Deutschlands, der aus einer Bürgerinitiative hervorging.

Ausgelöst durch die Tschernobyl-Katastrophe formierte sich 1986 in dem Schwarzwaldstädtchen mit 2.600 Einwohnern eine Bürgerinitiative gegen Atomkraft. Nach langem politischem Kampf kaufte die Bürgerinitiativedas örtliche Stromnetz und übernahm zum 1. Juli 1997 die Stromversorgung der Gemeinde. Der im April 1998 liberalisierte Strommarkt schuf den EWS Expansionsmöglichkeiten über die Stadtgrenzen hinaus. Während andere Stromversorger Millionenbeträge in Werbung steckten, mussten die „Stromrebellen“ ihrem guten Namen vertrauen. Mit Erfolg: Zurzeit nehmen die EWS jede Woche im Schnitt 80 neue Kunden aus ganz Deutschland unter Vertrag. Entsprechend wächst der Kraftwerkspark. Mit fast 30 Watt Solarleistung pro Kopf gehört Schönau zu den führenden Solarstädten. Bundesweit haben die EWS 250 Kilowatt Photovoltaik installiert, für nochmal die gleiche Leistung sind die Verträge schon unterzeichnet. Außerdem bieten die Schönauer Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung, Wasser-, Wind-und Biogaskraftwerke in ihrem Portfolio an.

Obwohl die EWS inzwischen im Jahr stolze 26 Millionen Kilowattstunden „Schönauer Rebellenkraft“ verkaufen, weiß auch Schönaus Vordenker Michael Sladeker, dass mit dieser Menge der Atomausstieg nicht zu bewältigen ist. Aber nur ein politischer Ökostromlieferant kann für ihn auch ein glaubwürdigernur sein: „Wir wollen mit unserem Engagement auf die Politik einwirken.“ B. JANZING