Grüne werben um Attac

Im taz-Streitgespräch: Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Kerstin Müller und Attac-Vertreter Sven Giegold. Forderung nach Spekulationssteuer könnte im Bundestag eingebracht werden

BERLIN taz ■ Die Grünen sind jetzt offenbar bereit, mit dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac zusammenzuarbeiten. Während Attac die Partei in jüngster Zeit für ihre „marktfreundliche“ Politik scharf kritisiert hat, geht man jetzt aufeinander zu. Sven Giegold vom Attac-Koordinierungskreis akzeptiert ein Gesprächsangebot der Grünen-Fraktionschefin Kerstin Müller. Im taz-Streitgespräch mit Müller sagt Giegold: „Wenn ähnliche Interessen bestehen, sind wir natürlich bereit, an einzelnen Punkten zusammenzuarbeiten.“ Giegold betonte allerdings, dass Attac einige grüne Positionen wie die Senkung des Spitzensteuersatzes für Reiche und die Verhandlungen über eine weitere Liberalisierung des Welthandels ablehnen.

Die Kritik an der Globalisierung wird ein wesentliches Thema bei der ersten von sieben grünen Regionalkonferenzen sein, die an diesem Wochenende in Bremen stattfindet. Der grüne Europa-Parlamentarier Daniel Cohn-Bendit hatte der Partei in der taz vorgeworfen, die Bewegung von Seattle und Genua ignoriert zu haben. Am vergangenen Donnerstag ist der komplette Kreisverband der Grünen in Münster Attac beigetreten und hat sich damit gegen die Bundespartei gestellt. Kreisvorstandssprecherin Christine Wübbena sagte, mit diesem Schritt setze der Verband ein Zeichen, dass es innerhalb der Grünen Kräfte gebe, die eine Hinwendung zu marktliberalen Positionen nicht akzeptierten. Auf die Forderung von Attac, sich stärker für die Themen der Globalisierungskritiker einzusetzen, versprach Müller, einen Antrag zur Erhebung einer Spekulationssteuer (Tobin-Steuer) in den Bundestag einzubringen, „wenn der Koalitionspartner mitmacht“. Die Steuer ist ein Hauptanliegen von Attac. Belgien und Kanada haben sich für ihre Einführung ausgesprochen, sie wird auch beim EU-Finanzministertreffen in Lüttich im September auf der Tagesordnung stehen. KATHARINA KOUFEN,
HANNES KOCH

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