„Ich bin für einen starken Staat“

■ Der neue Innensenator Kuno Böse (CDU) findet, dass Bremen eine Menge Sicherheitsprobleme hat: Damit will der Nachfolger von Bernt Schulte endlich Schluss machen.

Nächste Woche soll der bisherige Staatsrat Dr. Kuno Böse (CDU) als neuer Innen-, Kultur-, und Sportsenator von der Bürgerschaft gewählt werden. Auf dieser Doppelseite das taz-Doppelinterview mit dem neuen Multisenator.

taz: Zumindest namentlich kommen auf den Bereich Inneres mit Polizeipräsident Mordhorst und Innensenator Böse harte Zeiten zu. Sind Sie wirklich der Mann der harten Hand?

Kuno Böse: Das ist ein Ruf, der mir noch aus meiner Zeit als Innenstaatssekretär in Berlin nachhallt. Ich bin konsequent mit dem, was ich mache. Wenn Sie das unter Härte verstehen – von mir aus. Ich habe politische Überzeugungen, zu denen ich stehe – in der Sicherheitspolitik, in der Ausländerpolitik. Ich bin für einen starken Staat.

Passt das zur liberalen Tradition Bremens?

Hart und liberal – das ist doch kein Gegensatz. Liberal heißt nicht unbedingt „laissez faire“. Ich glaube, dass eine konsequente Sicherheitspolitik zu Bremen passt. Bremen hat da eine Menge Probleme.

Laut Umfragen fühlen sich die Menschen hier sicher.

Sie sagen, sie sind zufrieden mit der Polizei. So sicher das subjektive Sicherheitsgefühl ist: Laut Kriminalstatistik steht Bremen nicht gut da. Die Zahlen steigen. Im vergangenen Jahr landesweit um 3,5 Prozent nach der Tatzeitstatistik.

Was wollen Sie tun?

Das sind Warnsignale für mich. Gerade in der Gewaltkriminalität müssen wir Konzepte entwickeln. Es gab 2001 allein schon fünf Morde in Bremerhaven. Mord und Totschlag sind jedoch schlecht präventabel. Was mich beunruhigt, sind die vielen Delikte mit schwerer Körperverletzung. Hier kann man auch handeln.

Was wollen Sie gegen kriminelle Jugendliche tun?

Im Bereich der unter 21-Jährigen gibt es erhebliche Probleme, die vor allem durch Prävention aufgefangen werden könnten. Der Senat hat diese Woche ein Präventionsprojekt gegen Gewalt an Schulen beschlossen. Viel lässt sich auch mit sozialer Prävention erreichen. Vereine, Kirchen, alles was im Stadtteil vorhanden ist, muss man miteinander vernetzen, vor allem an Brennpunktbereichen wie der Lüssumer Heide, der Grohner Düne oder in Tenever. Da halte ichvorhandene Ansätze für ausbaufähig.

Gibt es dafür auch mehr Geld?

Das ist mit Geld allein nicht zu machen. Wenn wir nachweisen können, dass wir Geld benötigen, um bestimmte Probleme zu bewältigen, traue ich mir zu, dafür zu sorgen, dass Mittel zur Verfügung gestellt werden. Innere Sicherheit ist für diese Stadt wichtig, auch, um Neubürger zu gewinnen. Bremen hat im bundesweiten Vergleich nicht unbedingt den Ruf, sicher zu sein. Bis ich hierher kam, dachte ich auch, Bremen ist eine Stadt mit einer sehr hohen Kriminalitäts- und Drogenbelastung.

Drogen sind nur eines der vielen Probleme im Viertel. Eine Zeitung titelte kürzlich in einer Geschichte über den Stadtteil: „Kuno Böse – Ab jetzt regiere ich“. Was wollen Sie tun?

Das Zitat stammt nicht von mir. Aber trotzdem: Die Zustände dort können so nicht bleiben: Müll, Dreck, Exkremente, Urin und Spritzen liegen auf der Straße. Hier muss speziell gereinigt werden. Außerdem ist die Polizeipräsenz im Viertel schon erhöht worden, um die Szene zu verunsichern. Das ist ein Signal an die Bürger: Wir lassen Euch nicht allein. Auch die anderen Ressorts müssen handeln: Es gibt schon Zusagen, für die Sauberkeit befristete Mittel zur Verfügung zu stellen. Weitere Maßnahmen: Verbreiterung der Bürgersteige, Konzessionen für die richtigen Restaurationen.

Sie meinen, saubere Kneipen ins Viertel?

Es geht darum, die Attraktivität vor Ort zu erhöhen. Und zwar ohne Dealertreffs und Geldwaschanlagen.

Zum Thema Ausländer: Immer mehr Kritik wird von allen Seiten am Einwanderungsgesetz laut. Wo sind Ihre Kompromissgrenzen?

Ich bin dafür, dass Deutschland international ist. Aber ich bin dagegen, dass es hier Zonen der Desintegration gibt. Deshalb brauchen wir mehr Integration. Dazu gehört unter anderem, dass alle die deutsche Sprache sprechen. Das können die Länder allein nicht finanzieren. Der Bund muss mithelfen. In Schilys Entwurf guckt der Bund bei diesem Punkt nur zu. Auch beim Thema Zuzugsbegrenzung habe ich Fragen. Ich stehe aber einem Kompromiss nicht entgegen.

Zurück nach Bremen. Was passiert mit den gut 500 hier lebenden kurdischen Libanesen?

Es geht um einen Personenkreis, der nach Deutschland mit der Identität „Türke“ gereist ist, um Asyl zu beantragen. Dann ist er untergetaucht und mit einer anderen Identität und libanesischen Papieren unter anderem nach Bremen gekommen, um erneut Asyl zu beantragen. Libanesen sind nicht abschiebbar. Also hat dieser Personenkreis Asylmissbrauch begangen – das ist strafbar nach dem Ausländergesetz. Wenn die Asylanträge und die Asylfolgeanträge negativ beschieden werden, dann sind diese Personen ausreisepflichtig.

Was passiert mit den hier geborenen Kindern der Libanesen? Missbrauchen sie auch das Asylrecht?

Die Gerichte haben gesagt, dass bei Asylmissbrauch die Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind. Ausnahmen gelten für Eltern wie Kinder nach den geltenden Gesetzen nicht. Viele sagen: ,Lass sie doch.' Das geht rechtlich nicht. Ausnahmen können nur einvernehmlich zwischen Bund und Ländern geregelt werden.

Stichwort bürgernahe Verwaltung: Wann ist das Bürgerzentrum in der Pelzer Straße voll funktionsfähig?

Unser Verständnis ist: Die öffentliche Hand ist Dienstleister für den Bürger. Die Ortsämter sind kaputt, wir müssen etwas Neues machen. In der Pelzer Straße wird der Bürger die unterschiedlichsten Dienstleistungen im Kundengespräch vorfinden. Um nicht Schlange zu stehen, ruft er zunächst beim Callcenter an, um sich zu informieren, welche Papiere er braucht. Dann bekommt er hier alles aus einer Hand: ummelden, anmelden. Nach einer Aufstockung soll auch die Neubürgeragentur hier angesiedelt sein. Das Haus soll im Herbst nächsten Jahres stehen. Ein Projekt, in dem mein Herzblut steckt.

Wie lange wollen Sie Ihren neuen Job machen?

Wenn es nach der Wahl eine Fortsetzung der Regierungsarbeit geben sollte, stehe ich auch nach dem Jahr 2003 zur Verfügung.

Fragen: Kai Schöneberg