Australien verweigert Flüchtlingen die Einreise

Ein norwegischer Frachter mit 434 in Seenot geratenen Menschen treibt vor den Weihnachtsinseln. Doch verantwortlich fühlt sich keiner

BERLIN taz ■ Die australischen Behörden haben die Einfahrt des norwegischen Frachters „Tampa“ mit 434 Flüchtlingen an Bord in australische Hoheitsgewässer verweigert. In der Nacht zum Montag hatte die Tampa die Flüchtlinge in indonesischen Gewässern an Bord genommen, nachdem ihr unter indonesischer Flagge fahrendes Schiff ein Notsignal gesendet hatte. Die Flüchtlinge stammen überwiegend aus Afghanistan, Pakistan und Sri Lanka.

Laut dem britischen Rundfunksender BBC stürmten daraufhin fünf Flüchtlinge die Brücke des Schiffes. Sie drohten, über Bord zu springen, falls die Tampa nicht Kurs auf die australischen Weihnachtsinseln nehmen würde. Im Interesse der Sicherheit und angesichts der Entschlossenheit der Flüchtlinge habe er den Kurs gewechselt, so der Kapitän der Tampa, Arne Rinnan, in einem Interview.

Die australischen Behörden verweigerten gestern jedoch die Einreise. Der australische Ministerpräsident John Howard betonte auf einer Pressekonferenz, dass auf keinen Fall eine Erlaubnis für die Einreise der Tampa in australisches Territorium und Gewässer erteilt werde. Nach seiner Auffassung handelt es sich in diesem Fall eindeutig um eine Angelegenheit zwischen den Regierungen Norwegens und Indonesiens.

Der Kapitän der Tampa befindet sich in einer schwierigen Lage. Auch Indonesien sieht keinen Grund, die Flüchtlinge einreisen zu lassen. Der indonesische Außenamtssprecher Wahid Supriyadi erklärte, seine Regierung sehe sich zur Aufnahme der Flüchtlinge nicht verpflichtet, wenn auch Australien diese ablehnen würde. In einem Interview mit dem australischen Rundfunksender ABC gab Rennan an, vorerst vor der Küste der Weihnachtsinseln bleiben zu wollen, um weitere Enwicklungen abzuwarten. Unterdessen muss jedoch die Verpflegung der Flüchtlinge sichergestellt werden. Indonesien und Australien versprachen, medizinische und finanzielle Hilfe bereitzustellen.

In den letzten zwei Woche sind fast 1.000 Immigranten über die Weihnachtsinseln nach Australien gekommen. Die australischen Behörden lassen die Asylbewerber gewöhnlich auf das Festland bringen und halten sie dort in Lagern im australischen Hinterland fest, bis ihre Asylanträge bearbeitet sind.

Während Australien jährlich offiziell 10.000 Flüchtlinge unter dem UNO-Flüchtlingsprogramm aufnimmt, gehen die Behörden besonders hart gegen illegale Einwanderer – in Australien auch „queue jumper“ (Vordrängler) genannt – vor. Nach Aussagen der australischen Regierung sollen die Boote der Flüchtlinge abgefangen werden, bevor sie die Küste erreichen und Asylanträge stellen können. So konnten innerhalb des letzten Jahres 50 Boote mit 4.000 Flüchtlingen zur Umkehr gezwungen werden.

Die Unterbringung der Asylsuchenden in Lagern und das kompromisslose Vorgehen der Behörden wurden in letzter Zeit von internationalen Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert. Die australische Bevölkerung steht jedoch nach Umfragen des australischen Fernsehsenders Channel Nine zu 78 Prozent hinter dem Vorgehen ihrer Regierung. CARMEN BECKER