Die Nato im Ernteeinsatz

Albanische Rebellen in Mazedonien geben rund 400 Waffen ab. Britischer Soldat vor Beginn der Aktion „Bedeutende Ernte“ getötet. SPD und Grüne für Einsatz der Bundeswehr. CSU bleibt bei ihrem Nein, CDU-Parteirat kann sich nicht entscheiden

SKOPJE/BERLIN taz/ap/afp/ ■ Die Nato begann gestern mit der Entwaffnung der Albanerrebellen in Mazedonien. Kämpfer der „Nationalen Befreiungsarmee“ (UÇK) gaben bis zum Nachmittag 400 teilweise fast neuwertige Waffen an der ersten Sammelstelle bei Matejce im Norden ab, erklärte Nato-Sprecher Alex Dick. Bis Freitag will die Nato nach ihrer Planung das erste Drittel der vereinbarten 3.300 UÇK-Waffen einsammeln. Nach Angaben Dicks gaben die Rebellen 350 Sturmgewehre sowie Mörser, Granaten und Maschinengewehre ab. „Das ist ein gute Zahl für den ersten Tag“, sagte ein britischer Sprecher in Skopje zu der Aktion unter dem Namen „Essential Harvest“ (Bedeutende Ernte).

Die Sammelstelle, die von einer rund 300 Mann starken französisch-britischen Truppe unter französischem Kommando betrieben wird, war am Vormittag eröffnet worden. Matejce liegt nahe der nördlichen Region um Kumanovo. Pro Tag soll eine einzige Sammelstelle an einem jeweils neuen Ort geöffnet sein.

Überschattet wurde die Aktion vom Tod eines britischen Soldaten. Der 20-Jährige war am Sonntagabend auf der Fahrt in einem Nato-Militärfahrzeug nahe der Hauptstadt Skopje von einem Betonbrocken getroffen worden. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums warfen offenbar Jugendliche den Brocken, der die Windschutzscheibe des Wagens durchschlug und den Mann am Kopf traf. General White-Spunner verurteilte den Angriff. Ein Nato-Vertreter in Skopje sprach von einem „traurigen, bedauerlichen und tragischen“ Vorfall, die Operation werde jedoch fortgesetzt.

Unterdessen blockierten in den Dörfern Brvenica und Kopulkuk unweit von Tetovo aufgebrachte mazedonische Demonstranten die Straßen, um den Abzug der mazedonischen Armee zu verhindern. Sie fürchteten Übergriffe albanischer Rebellen.

Die CDU hat auch auf ihrer gestrigen Präsidiumssitzung ihre grundlegenden Differenzen zum Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr nicht ausräumen können. Eine gemeinsame Linie wurde während einer sehr kontroversen Debatte nicht gefunden. Stattdessen wollte die CDU auf das Ergebnis eines im Verlauf des gestrigen Montags im Kanzleramt anberaumten Gespräches warten. Teilnehmen sollten Wolfgang Schäuble und Volker Rühe für die CDU, für die Regierung Außenminister Joschka Fischer, Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Kanzleramtschef Frank Walter Steinmeier. Man erwarte von der Regierung ein „Sicherheitspaket“ und werde „im Lichte dieses Treffens“ entscheiden, sagte Parteichefin Merkel nach der Präsidiumssitzung.

Die von der Regierung versprochenen 120 Millionen Mark für den Mazedonien-Einsatz bezeichnete Merkel als „Einstieg“. Rühe hatte zuletzt die Summe von 500 Millionen Mark genannt. Schäuble hatte aus außenpolitischen Gründen für eine Zustimmung plädiert. Offen blieb, ob den Unionsabgeordneten das Abstimmungsverhalten am Mittwoch im Bundestag freigestellt wird. Über die Frage, ob die Abstimmung eine Gewissensfrage sei, habe es eine lange Debatte im Präsidium gegeben, doch sei dies nicht das Gremium für eine Entscheidung. Darüber werde die Fraktionsspitze in „engster Abstimmung“ mit der Parteiführung befinden.

Die CSU blieb gestern bei ihrem Nein zu einem Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien. Der Parteirat der Grünen stimmte bei einer Enthaltung mit 10 Stimmen für den Mazedonien-Einsatz. Im SPD-Präsidium gab es gestern eine Gegenstimme.

Die FDP will heute auf einer gemeinsamen Sitzung von Parteipräsidium und Fraktion ihre Position festlegen. Ihre Zustimmung zum Einsatz gilt als sicher.

OE/SEV

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